Flächentarifvertrag 

In Deutschland werden Löhne, Arbeitszeiten und sonstige Arbeitsbedingungen überwiegend kollektiv geregelt. Neben dem Abschluss von Firmenverträgen geschieht dies vor allem im Rahmen von Branchentarifverhandlungen, die entweder bundesweit (z.B. Bauwirtschaft, Bankensektor) oder regional nach Tarifbezirken (z.B. Metall- und Elektro-Industrie, Handel) geführt werden. Bei den regionalen Verhandlungen operieren die regionalen Tarifparteien zumeist parallel. Wird in einer Region der Durchbruch geschafft, wird dieser Pilotabschluss in der Regel von den anderen Regionen übernommen. Aus diesem Grund hat sich für branchenweite Tarifabschlüsse der Begriff Flächentarifvertrag durchgesetzt. Einem Branchen- oder Flächentarifvertrag unterliegen in Westdeutschland 43 Prozent aller Betriebe und 62 Prozent der Beschäftigten. Dass die Tarifbindung unter den Beschäftigten größer ist, liegt daran, dass die Flächentarifbindung mit der Betriebsgröße zunimmt. Nicht flächentarifgebundene Betriebe unterliegen entweder einem Firmentarifvertrag oder handeln ihre Arbeitsverträge individuell mit ihren Mitarbeitern aus, häufig unter Orientierung am Flächentarifvertrag. Im Osten sind hingegen nur 21 Prozent aller Betriebe und 43 Prozent der Beschäftigten flächentarifgebunden. Dort spielt der Flächentarifvertrag in einigen Branchen nur noch eine untergeordnete Rolle. Die – trotz aller am Flächentarifvertrag geäußerte Kritik – nach wie vor beachtliche Akzeptanz beruht vor allem auf der Ordnungs- und Friedensfunktion. Der Flächentarifvertrag schafft Planungssicherheit für Unternehmen und die brancheneinheitliche Friedenspflicht stabilisiert die Rahmenbedingungen einer vernetzten Wirtschaft. Da Tarifkonflikte überbetrieblich ausgetragen werden, hält der Flächentarifvertrag Konflikte aus den Betrieben heraus. Schließlich hilft er Transaktionskosten zu sparen, weil nicht mit jedem Arbeitnehmer einzeln verhandelt werden muss. Mit branchenweiten Tarifnormen soll die Preiskonkurrenz zwischen den Unternehmen durch die Standardisierung von Löhnen, Arbeitszeiten und anderen Arbeitsbedingungen entschärft werden (Konditionenkartell). Mit dieser Zielsetzung lässt sich aber der wachsenden Heterogenität innerhalb der verschiedenen Branchen nicht hinreichend Rechnung tragen. Während florierende Betriebe die Tarifstandards ohne Probleme einhalten können, stehen weniger florierende Betriebe vor großen Problemen. Die Tarifparteien haben deshalb Spielräume für betriebsspezifische Lösungen geschaffen. Öffnungsklauseln gestatten einzelnen Betrieben, zeitlich befristet von manchen Tarifnormen abzuweichen.

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