Kaizen

Kaizen (das; jap. Veränderung zum Besseren) ist ein von Taiichi Ohno entwickeltes japanisches Management-Konzept Begriffsbestimmung Im engeren Sinne ist eine ständige/inkrementale Verbesserung gemeint, in die Führungskräfte wie Mitarbeiter einbezogen werden. In der freien Übersetzung aus dem Japanischen bedeutet Kai = Veränderung, Wandel; Zen = zum Besseren. Diese auf das Wesentliche reduzierte Bedeutung ist kontrovers. Gemäß der Philosophie des Kaizen weist nicht die sprunghafte Verbesserung durch Innovation, sondern die schrittweise erfolgende Perfektionierung/Optimierung des bewährten Produkts den Weg zum Erfolg. Dabei wird davon ausgegangen, dass der wirtschaftliche Erfolg das Ergebnis von Produkten und Dienstleistungen ist, die mit ausgezeichneter Qualität höchste Kundenzufriedenheit erzielen. Aus dieser Überzeugung leitet sich die stetige Suche nach Verbesserung auf allen Ebenen eines Unternehmens als Kernfunktion einer Kaizen-Programmatik ab. Im Westen wurde Kaizen unter dem Namen Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) in vielen Unternehmen eingeführt. Zu diesem Prinzip gehören z. B.: * Perfektionierung des betrieblichen Vorschlagswesens * Investition in die Weiterbildung der Mitarbeiter * Mitarbeiterorientierte Führung * Prozessorientierung * Einführung eines Qualitätsmanagements Insgesamt soll Kaizen oder KVP zu einer höheren Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen und letztlich zu einer stetigen Verbesserung der Wettbewerbsposition beitragen. Der Gegensatz der kontinuierlichen Verbesserung aus dem Kaizen ist das Re-Engineering. Veränderung nicht nur qualitätsorientiert: die japanische Praxis In Japan selbst wird die Idee des Kaizen unabhängig von seiner im Westen verbreiteten qualitätsbezogenen Bedeutung verwendet. Kaizen ist in der japanischen Praxis vor allem die Philosophie der ewigen Veränderung. Das bedeutet vor allem sichtbare Veränderung, z. B. die Erweiterung der Funktionen eines Elektrogerätes, die Umorganisation der innerbetrieblichen Hierarchie oder in der Verwaltung die in der letzten Zeit sehr häufigen Eingemeindungen und Umbenennungen von Städten (so Saitama). Mit der Veränderung muss nicht unbedingt Qualitätsverbesserung einhergehen. Echte Qualitätsverbesserung ist oft unscheinbar und nicht präzise zu messen. Dadurch hat sie keinen Marketing-Wert und wird vielfach gar nicht wahrgenommen. Auf der Produktebene hängt diese Art von Kaizen eng mit der japanischen Marketing-Praxis zusammen, dem Verbraucher für einen Gebrauchsgegenstand durch leichte konstruktive Veränderungen einen erweiterten Nutzwert zu schaffen. So werden Elektrogeräten immer wieder neue Funktionen hinzugefügt, die nicht zur Kernfunktionalität gehören (Karaoke-Effekt bei Stereoanlagen) und dabei die Gesamtkonstruktion überladen und somit die Qualität gar verschlechtern können. Bei Mobiltelefonen liefern sich die Hersteller eine regelrechte Schlacht um die Pixelzahl der eingebauten Kameras – eine Zahl, die dem Verbraucher prägnant Qualitätsverbesserung suggeriert. Und Software für maschinelle Übersetzungen werden beworben mit der Größe des Lexikons (Anzahl von Millionen gespeicherten Wörtern), was nicht zwingend mit der realisierten Übersetzungsqualität korreliert. Diese Form der Kaizenpraktik führt zu einem hohen Entwicklungstempo bei immer kürzeren Produktlebenszyklen. Diesem Entwicklungstempo, insbesondere bei Elektrogeräten, ist eine nicht unerhebliche Zahl von Produktinnovationen zu verdanken, die sich auch weltweit durchgesetzt haben (hier z. B. Walkman, Flachbildfernseher TFT). Entstehung Die Idee des Kaizen-Konzepts entstand (angeblich) vor dem Hintergrund einer wirtschaftlichen Krise des japanischen Automobilriesen Toyota in den 1950er Jahren. Der Konzern geriet in eine Krise und Toyota hatte eine Überbelegung von 30%, das Gesetz verbot aber damals Massenentlassungen. Statt die Mitarbeiter in die Zwangsferien zu schicken, offerierte die Firma ihnen permanente Weiterbildung, wo sie Mittel und Wege finden sollten, Autos effizienter und günstiger zu produzieren. Andere Quellen führen Kaizen (auch) auf US-Methoden zurück, die die US-Armee nach dem Zweiten Weltkrieg in Japan einführte – statistische Methoden und das Programm Training Within Industry (TWI) des US-Kriegsdepartements zum Wiederaufbau Japans [1]. TWI beinhaltete die Job Instruction (Standardarbeit) und Job Methods (Verbesserung der Prozesse). Gemeinsam mit dem Shewhart-Zyklus wie ihn W. Edwards Deming lehrte, und anderene Satistikmethoden wie sie Joseph M. Juran lehrte, bildeten sie die Grundlagen der Kaizen-Revolution in Japan der 1950er und 60er Jahre. Als geistige Väter von Kaizen bei Toyota gelten die Ingenieure Taiichi Ohno und Shigeo Shingo. Die Mitarbeiter sollen über die Arbeitsabläufe (Prozesse) nachdenken und sie verbessern können. Der Erfolg bei Toyota war durchschlagend, sodass die Methode (s.a. Toyota-Produktionssystem) der ständigen Verbesserung unter dem Namen Kaizen zum fixen Programm bei Toyota wurde. In den folgenden Jahrzehnten stieg Toyota zum Weltmarktführer auf. Grundlagen des Kaizen Prozessorientierung Die Denkweisen des Kaizen stellen unter anderem eine Abkehr von der reinen Ergebnisorientierung dar. Prozessorientierung bedeutet in diesem Zusammenhang auch zu dokumentieren, und diesen Standard weiter zu verbessern. Kunden-Lieferantenbeziehungen Kaizen unterteilt die Kunden in interne und externe Kunden. Der externe Kunde ist der Endverbraucher, der interne Kunde ist eine Zweigstelle im Betrieb. Wenn also Stelle A ein Produkt herstellt, das in Stelle B weiterverarbeitet werden muss, so ist Stelle B der interne Kunde. Falls Stelle B Mängel am Produkt erkennt, so teilt er es Stelle A mit, um Folgefehler zu vermeiden. Häufig treten Probleme eben an diesen Schnittstellen im Unternehmen auf. Also versucht man dort anzusetzen, um die Ziele des Kaizen umzusetzen: Qualitätssicherung/-steigerung, Kundenzufriedenheit und Kostensenkung durch die Mitarbeiter. Total Quality Control Das Total Quality Control ist eine ständige Qualitätskontrolle (-sicherung) sämtlicher Produkte und Prozesse, die das Unternehmen herstellt bzw. ausführt. Toyota besitzt derzeit den strengsten Qualitätsstandard im Automobilbau, den es auch von seinen Zulieferern einfordert. Verbesserung & Standardisierung (PDCA-Zyklus – Plan Do Check Act) Verbesserungsvorschlägen, von Mitarbeitern oder dedizierten Arbeitsgruppen, wird im Kaizen immer mit einem positiven Grundgedanken entgegengetreten. Die Vorschläge werden dann auf Nutzbarkeit geprüft und getestet, um sie bei positiver Gesamtbeurteilung in die Unternehmensprozesse zu übernehmen. Es ergibt sich ein ständiger Zyklus von Planung, Tätigkeit, Kontrolle und Verbesserung (Reaktion(=Act) auf die Kontrolle): der PDCA-Zyklus (Plan Do Check Act). Es werden also sämtliche Vorgänge im Unternehmen ständig analysiert und verbessert. Wenn eine Verbesserung umgesetzt wurde, wird diese als Standard festgelegt und somit in das Prozessmodell des Unternehmens dauerhaft integriert. Dazu wird der Zyklus zu SDCA (Standardize Do Check Act) verändert. Erst wenn die Standardisierung vollständig abgeschlossen ist, wird eine weitere Verbesserung angestrebt. Die 5 S-Bewegungen Dabei handelt es sich um eine fünfstufige Vorgehensweise zur Neuplanung und Verbesserung von sauberen, sicheren und standardisierten Arbeitsplätzen. * Seiri (Strukturieren, d.h. Aussortieren) * Seiton (Systematisierung, d.h. Ordnung schaffen) * Seisō (Reinigung, d.h. Sinn für Sauberkeit) * Seiketsu (Standardisierung, d.h. Standards setzen) * Shitsuke (Selbstdisziplin, d.h. Disziplin halten) Die 6 M-Checkliste Hierbei handelt es sich um die 6 wichtigsten Faktoren, die immer wieder überprüft werden müssen: * Mensch * Maschine/Material * Messung * Methode * Milieu / Mitwelt * Moneten (Geld) Die 6 M Methode wurde um einen wichtigen Faktor * Management erweitert, da die Einflüsse des Managements im System von einer bestimmten Tragweite sind. Die 7 W-Checkliste nach Cicero (7W Fragen) * Was – ist zu tun? * Wer – macht es? * Warum – macht er es? * Wie – wird es gemacht? * Wann – wird es gemacht? * Wo – soll es getan werden? * Wieso – wird es nicht anders gemacht? Die 3 Mu-Checkliste * Muda (Verschwendung, siehe die 7 Verschwendungsarten) * Muri (Überlastung der Mitarbeiter und Maschinen) * Mura (Unregelmäßigkeit der Prozesse) Diese drei Punkte beziehen sich auf die Mitarbeiter, die Technik, die Methode und die Zeit und gelten als negativ d. h. sie sind zu vermeiden. Die 7 Verschwendungsarten Verschwendung passiert durch: * Überproduktion * Bestände * Transport, Verpackung * Wartezeiten * Herstellungsprozess (Overprocessing) * unnötige Bewegung * auftretende Fehler Inzwischen wird oft von 8 Arten der Verschwendung gesprochen. Hinzu kam die Verschwendung Ergonomie, speziell im Hinblick auf Mitarbeiter. Just in Time (JIT) * Punktgenaue Lieferung der Rohstoffe bzw. Produkte mit der angeforderten Qualität in der gewünschten Menge (und auch Verpackung) zum Zeitpunkt, an welchem sie tatsächlich gebraucht werden, zum gewünschten Ort. Somit entfallen nicht nur die Lagerkosten, sondern auch der übrige Verwaltungsaufwand lässt sich auf ein relatives Minimum reduzieren. * Eine Steigerung von Just in Time ist das sogenannte Just in Sequence (JIS). Aufbauend auf dem JIT-Prinzip werden die Produkte zusätzlich in der richtigen Reihenfolge beim Kunden angeliefert. Marktführer in der Weiterentwicklung dieses Systems in Europa ist Porsche, die Anfang der 90er Jahre durch japanische Unternehmensberater restrukturiert wurden. Dieses Prinzip wurde in der Automobilindustrie später auch von DaimlerChrysler bei der Produktion des Maybach 57 und 62 angewendet – beispielsweise für die Anlieferung von Sitzen, Airbags, Lenkrädern oder Armaturenbrettern. Inzwischen ist ein JIS-Prozess in der gesamten Automobilindustrie Standard. Er wird beispielsweise bei kundenspezifischen Teilen der Innenausstattung oder Lackierteilen eingesetzt. Überall dort, wo die durch JIT oder JIS verursachten prinzipiell höheren Transport- und Handlingskosten durch Einsparungen bei Bestands-, Lager- oder Flächenkosten aufgewogen werden. Total Productive Maintenance * Ständige Überwachung der Produktionsstränge * Versuch der ständigen Verbesserung der Stränge An diesen und ähnlichen Stellen merkt man dem Konzept seine Herkunft aus der diskreten Fertigung an. Ziele Beim Kaizen sind die Ziele unterschiedlich. Natürlich wird versucht, den Gewinn zu optimieren. Dies ist aber nur bei hoher Kundenzufriedenheit möglich, da Kundengewinnung teurer ist als Kundenbindung. Um Kundenzufriedenheit zu gewährleisten, stehen drei Faktoren im Vordergrund: * Kostensenkung * Qualitätssicherung * Schnelligkeit (Zeiteffizienz). Die Befürworter der Kaizen-Methode gehen immer davon aus, dass der gegenwärtige Zustand verbesserungsfähig ist und man immer weiter an ihm arbeiten muss, um ihn zu verbessern. Des Weiteren sind Veränderungen (Change) im Bereich der Mitarbeiter erwünscht. So soll die Zufriedenheit durch ständige Weiterbildung gewährleistet werden, innerbetriebliche Hierarchien sind so anzupassen, dass jeder Mitarbeiter ein Mitspracherecht bei Veränderungen hat (vgl. Change Management). Zielbereiche im Unternehmen Die Kaizen-Philosophie plädiert leidenschaftlich für eine stärkere Einbindung aller Bereiche eines Unternehmens im stetigen Bemühen, ein besseres Arbeitsumfeld für alle Beteiligten zu schaffen mittels Prozessverbesserungen, die wiederum für die beste Qualität der Produkte garantieren sollen. Es gilt also die stetige Verbesserung in ALLE Bereiche zu tragen – sprich: Management (Verwaltung), Beschaffung, Produktion, Distribution, Lager und Absatz.

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