Arbeitgeber können auch bei Unkenntnis von mehreren Minijobs zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen herangezogen werden

Arbeitgeber können nachträglich zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen für einen Arbeitnehmer herangezogen werden, wenn sich herausstellt, dass dieser mehreren Minijobs nachgegangen ist.

Die Versicherungspflicht entsteht kraft Gesetzes.
Daher ist eine Nachforderung selbst dann gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber keine Kenntnis von den weiteren Minijobs hatte, er seinen Meldepflichten ordnungsgemäß nachgekommen ist und der Sozialversicherungsträger von der Mehrfachbeschäftigung des Arbeitnehmers hätte wissen müssen.

Der Sachverhalt:

Die Klägerin ist Geschäftsführerin eines Reinigungsunternehmens.

Sie beschäftigte in den Jahren 1995 bis 1998 den Arbeitnehmer A. im Rahmen eines Minijobs.
Nachdem die beklagte AOK erfahren hatte, dass A. neben dem Job bei der Klägerin einem weiteren Minijob nachgeht und die Summe seiner Einkünfte die Entgeltgrenze für eine geringfügige Beschäftigung überschreitet, zog sie die Klägerin für die vergangenen vier Jahre zur Zahlung von Beiträgen zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung heran.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage machte die Klägerin geltend, dass sie keine Kenntnis von dem weiteren Minijob des A. gehabt habe.
Außerdem habe sie darauf vertrauen dürfen, dass eine „Kollision mit anderen geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen" auf Grund der von ihr vorgelegten Meldung von der Beklagten erkannt und nach mindestens vier bis sechs Wochen mitgeteilt würde.
Eine Nachforderung nach vier Jahren sei grob unbillig.

Die Klage hatte sowohl vor dem SG als auch vor dem LSG keinen Erfolg.

Die Gründe:

Die Beklagte hat von der Klägerin zu Recht Sozialversicherungsbeiträge für A. nachgefordert.

Die Versicherungs- und Beitragszahlungspflicht für A. ist bereits dadurch entstanden, dass die Summe seiner Einkünfte über der Entgeltgrenze für eine geringfügige Beschäftigung lag.
Auf eine Kenntnis der Klägerin von dem weiteren Minijob kommt es insoweit nach der gesetzlichen Regelung nicht an. Denn diese stellt ausschließlich auf die Höhe der Gesamteinkünfte des Arbeitnehmers ab.
Der Beitragsanspruch war noch nicht nach § 25 Abs.1 S.1 SGB IV verjährt, da die Beklagte ihren Anspruch innerhalb der maßgeblichen Vierjahresfrist geltend gemacht hat. Der Anspruch ist auch nicht verwirkt.

Es liegt kein konkretes Verhalten der Beklagten vor, auf Grund dessen die Klägerin auf eine Versicherungsfreiheit des A. hätte vertrauen dürfen. Insbesondere reicht der bloße Umstand, dass die Klägerin ihren Meldepflichten nachgekommen ist, nicht aus, um eine besondere Schutzbedürftigkeit zu begründen.
Dies führt zwar im Ergebnis dazu, dass die Klägerin ohne eigenes Verschulden finanziell belastet wird. Dies ändert jedoch nichts an ihrer Beitragspflicht.

Es bleibt ihr zudem unbenommen, den A. auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch zu nehmen.
Außerdem kann sie sich künftig vor Beitragsnachforderungen schützen, indem sie regelmäßig beim Sozialversicherungsträger beantragt, über die Versicherungspflicht zu entscheiden.
Verneint dieser die Versicherungspflicht, kann sie dies einer späteren Nachforderung entgegenhalten.

Hessisches LSG 21.8.2006, L 1 KR 366/02

Linkhinweis Für den auf den Webseiten des Hessischen LSG veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken sie bitte hier.

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