Das neue Arbeitszeitgesetz

Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) ist mit dem Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt in wesentlichen Punkten zum 1. Januar 2004 geändert worden.

Diese Änderungen wurden wegen der Rechtsprechung des EuGH und des BAG zum Bereitschaftsdienst nötig.

Entscheidende Neuerung ist,

dass der Bereitschaftsdienst jetzt immer der Arbeitszeit im Sinne des ArbZG zuzurechnen ist.

Grundsätzliches

Wie bisher, stellt das ArbZG einerseits Grundregeln auf – wie die Begrenzung der täglichen Arbeitszeit auf zehn Stunden -, lässt aber andererseits Abweichungen hiervon zu; erforderlich sind hierfür allerdings regelmäßig tarifvertragliche Regelungen.
Ohne diese dürfen die Betriebsparteien nicht entsprechend tätig werden.

Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit

Mit der Neufassung wird jegliche Gleichsetzung von Bereitschaftsdienst und Ruhezeit beseitigt.

Arbeitsschutzrechtlich zählt Bereitschaftsdienst jetzt immer zur Arbeitszeit. I
n Zukunft wird somit das Verständnis von Bereitschaftsdienst in Tarifverträgen, soweit es um deren Vergütung geht, ein vollständig anderes sein als das arbeitsschutzrechtliche.

Dies zeigt sich insbesondere am Beispiel des Bundesangestelltentarifvertrags (BAT), der gerade in Bereichen mit häufigem Bereitschaftsdienst greift (s. dazu Hamm, AiB 3/2004, 133 (134)).

Der Gesetzgeber hat nicht ausdrücklich geregelt, dass Bereitschaftsdienst nunmehr Arbeitszeit ist.
Dies ergibt sich aber zum einen aus der Neuregelung des § 5 Abs. 3 ArbZG, in dieser Vorschrift wurde der Bereitschaftsdienst gestrichen mit der Folge, dass Bereitschaftsdienst keine Kürzungen der Ruhezeit rechtfertigt und zum anderen aus der Novellierung des § 7 Abs. 2 Nr. 1 ArbZG, der auf die Rufbereitschaft beschränkt wurde.

Diese beiden genannten Vorschriften wurden auch vom EuGH und BAG als nicht mit der EU-Arbeitszeitrichtlinie vereinbar angesehen (vgl. Boerner, NJW 22/2004, 1559 (1560)).

Arbeitszeitverlängerung mit Ausgleich

Nach dem neu gefassten § 7 Abs. 1 Nr. 1a und Abs. 1 Nr. 4a ArbZG kann in einem Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung zugelassen werden, die Arbeitszeit über zehn Stunden werktäglich zu verlängern, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt.
Die Überschreitungen der werktäglichen Arbeitszeit von acht Stunden sind dann zu anderen Zeiten auszugleichen.
Wurden die genannten Regelungen zugelassen, darf aber nach dem neu eingeführten § 7 Abs. 8 ArbZG die Arbeitszeit 48 Stunden wöchentlich im Durchschnitt von zwölf Kalendermonaten nicht überschreiten.

Arbeitszeitverlängerung ohne Ausgleich

Nach dem neu eingeführten § 7 Abs. 2a ArbZG sind auch Arbeitszeitzeitverlängerungen über acht Stunden ohne Ausgleich möglich.
In einem Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung kann dies aber nur zugelassen werden, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt und in dem maßgeblichen Tarifvertrag oder der Betriebs-/Dienstvereinbarung durch besondere Regelungen sichergestellt wird, dass die Gesundheit der Arbeitnehmer nicht gefährdet wird.
Des Weiteren wird in § 7 Abs. 7 ArbZG gefordert, dass die Arbeitszeit nur verlängert werden darf, wenn der Arbeitnehmer schriftlich eingewilligt hat.
Diese Einwilligung kann der Arbeitnehmer mit einer Frist von sechs Monaten wieder schriftlich widerrufen.
Die Vorschrift weist im Übrigen auch darauf hin, dass der Arbeitgeber keinen Arbeitnehmer benachteiligen darf, weil dieser die Einwilligung zur Verlängerung der Arbeitszeit nicht erklärt oder die Einwilligung widerrufen hat.

Diese Regelung war sicherlich gut gemeint, aber eigentlich überflüssig, weil das Maßregelungsverbot bereits in § 612a BGB aufgenommen wurde.

Die in § 7 Abs. 2a ArbZG geregelte Arbeitszeitverlängerung ohne Ausgleich bildet den Kernbereich der Neuregelung des Arbeitszeitgesetzes und ist gleichzeitig höchst umstritten.
Ihr wird vorgeworfen, dass sie gegen die europäische Arbeitszeit-Richtlinie 2003/88/EG verstößt, indem die Neufassung europäische Mindestvorschriften nicht wahrt (s. z.B. ganz aktuell: Buschmann/Ulber, ArbZG, 2004, § 7 Rn. 24c).
Außerdem ist der Arbeitgeber nach § 16 Abs. 2 ArbZG verpflichtet, ein Verzeichnis der Arbeitnehmer zu führen, die in eine Verlängerung der Arbeitszeit eingewilligt haben.
Die Nachweise sind mindestens zwei Jahre aufzubewahren. Arbeitszeitverlängerung in außergewöhnlichen Fällen § 14 ArbZG ermöglicht es dem Arbeitgeber in Notfällen und in außergewöhnlichen Fällen Arbeitszeiten zu verlängern oder Ruhezeiten einzuschränken.
Von diesen Möglichkeiten darf aber wohl lediglich in vom Arbeitgeber unbeeinflussbaren Ausnahmesituationen Gebrauch gemacht werden.
Aber auch in diesen Ausnahmefällen darf nunmehr die Arbeitszeit 48 Stunden wöchentlich im Durchschnitt von sechs Kalendermonaten oder
24 Wochen nicht überschritten werden.

Betriebe ohne Tarifbindung

Auch in Betrieben von nicht tarifgebundenen Arbeitgebern, Kirchen und öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften kann nach § 7 Abs. 3 – 5 ArbZG von den aufgezeigten Möglichkeiten Gebrauch gemacht werden.
Mindestens elf Stunden Ausgleichsruhezeit In § 7 Abs. 9 ArbZG hat der Gesetzgeber zwingend festgelegt, dass bei einer Verlängerung der werktäglichen Arbeitszeit über zwölf Stunden hinaus eine Ruhezeit von mindestens elf Stunden im unmittelbaren Anschluss an die Beendigung der Arbeitszeit gewährt werden muss.

Übergangsregelung für Tarifverträge

Enthalten am 1. Januar 2004 bestehende oder nachwirkende tarifvertragliche oder betriebliche Vereinbarungen abweichende Regelungen nach § 7 Abs. 1 oder 2 oder § 12 S. 1 ArbZG, die den in diesen Vorschriften festgelegten Höchstrahmen überschreiten, bleiben diese tarifvertraglichen Bestimmungen bis Ende 2005 unberührt.

Änderung der europäischen Arbeitszeitrichtlinie angekündigt

Die EU-Kommission will die Arbeitszeitrichtlinie überarbeiten.

Urteile des EuGH, wonach Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit gelten muss, hätten erhebliche Probleme bereitet, so die EU-Kommissarin Anna Diamantopoulou, die ihre Arbeit in der Kommission mittlerweile niedergelegt hat.

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