Einführung zu den Entfernungspauschalen ab 2007

Mit BMF-Schreiben, Az. IV C 5 – S 2351 – 60/06, hat das Bundesfinanzministerium Stellung bezogen zu den Rechtsänderungen ab 01.01.2007 bei den Wegen zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.

Im Rahmen der gesetzlichen Neuregelung sollen die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte im Rahmen der Einführung des sog. Werkstorprinzips der Privatsphäre des Arbeitnehmers zugerechnet werden.

In der Rechtsfolge können die damit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen im Rahmen der Einkommensteuererklärung nicht mehr als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit angesetzt bzw. vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden können.

Die parallele Einführung einer Härtefallregelung, wonach das Werkstorprinzip ab dem 21. Entfernungskilometer wieder eingeschränkt wird und die Aufwendungen Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht als Werbungskosten, sondern wie Werbungskosten angesetzt werden können, trägt zu einer erheblichen Verkomplizierung des Steuerrechts bei.

Die Kernaussagen des Schreibens des Bundesfinanzministeriums lassen sich wie folgt darstellen:

  • Es handelt sich um eine verkehrsmittelunabhängige Entfernungspauschale, d.h. es spielt keine Rolle, ob die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu Fuß, mit dem PKW, mit öffentlichen oder anderen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden.
    Unbeachtlich ist, ob es sich um einen eigenen oder einen fremden PKW (z.B. Dienstwagen) handelt.
    Die tatsächlichen Aufwendungen des Arbeitnehmers spielen keine Rolle.
  • Über die Entfernungspauschale hinausgehende Aufwendungen (z.B. bei geringer Entfernung bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel) können nicht zusätzlich angesetzt werden.
  • Bei Flugstrecken sind anstelle der Entfernungspauschale die tatsächlichen Aufwendungen anzusetzen.
  • Bei entgeltlicher Sammelbeförderung durch den Arbeitgeber sind die Aufwendungen des Arbeitnehmers, die auf die Strecken ab dem 21. Entfernungskilometer entfallen, wie Werbungskosten anzusetzen.
  • Die Entfernungspauschale ist auf einen Höchstbetrag von 4.500 Euro begrenzt 
    –  bei Benutzung von Motorrad, Motorroller, Moped oder Fahrrad 
    –  bei Fahrgemeinschaften bei Benutzung eines KFZ an Tagen, an denen der Arbeitnehmer seinen eigenen oder zur Nutzung überlassenen 
       Kraftwagen nicht einsetzt
    –  bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel
  • Die Begrenzung auf 4.500 Euro greift im Umkehrschluss nicht bei der Benutzung eines KFZ sowie bei Fahrgemeinschaften bei Benutzung eines KFZ an Tagen, an denen der Arbeitnehmer sein eigenes oder das ihm zur Nutzung überlassene KFZ einsetzt.
  • Hinsichtlich der Bestimmung der Entfernung ist, unabhängig vom benutzten Verkehrsmittel, stets die kürzeste benutzbare Straßenverbindung zugrunde zu legen.
    Umwegstrecken können berücksichtigt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger sind.
  • Bei Fahrgemeinschaften kann jeder Teilnehmer die Entfernungspauschale geltend machen: eine Aufteilung nach Köpfen ist nicht vorgesehen.
  • Als außerordentlich kompliziert anzusehen ist die Höchstbetragsberechnung bei Fahrgemeinschaften.
    Wie oben dargestellt ist die Entfernungspauschale auf einen Höchstbetrag von 4.500 Euro begrenzt, soweit der Arbeitnehmer Mitfahrer einer Fahrgemeinschaft ist, nicht jedoch wenn er selbst fährt.
    Beispiel – Fahrgemeinschaft:
    Eine Fahrgemeinschaft besteht aus drei Arbeitnehmern.
    Jeder Arbeitnehmer benutzt sein eigenes Fahrzeug an 70 von insgesamt 210 Arbeitstagen.
    Die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte beläuft sich auf jeweils 100 km. Die Entfernungspauschale errechnet sich wie folgt:
    a.) Zeitraum, in welchem der Arbeitnehmer sein eigenes KFZ einsetzt:
         140 Tage x (100 km ./. 20 km) x 0,30 Euro = 140 Tage x 80 km x 0,30 Euro = 3.360,00 Euro Höchstbetrag 4.500 Euro nicht überschritten.
    b.) Zeitraum, in welchem der Arbeitnehmer Mitfahrer ist
         70 Tage x (100 km ./. 20 km) x 0,30 Euro = 70 Tage x 80 km x 0,30 Euro = 1.680,00 Euro
         anzusetzende Entfernungspauschale: 5.040,00 Euro
         Der Arbeitnehmer kann im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung einen Betrag in Höhe von
         5.040,00 Euro als Werbungskosten geltend machen. 
    Diesen Betrag kann der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer steuerfrei erstatten und mit einem Steuersatz von 15 % pauschalversteuern. 
    Erstattet der Arbeitgeber einen höheren Betrag, handelt es sich hinsichtlich des übersteigenden Anteils um steuer- und beitragspflichtigen
    Arbeitslohn.
  • Analog zu vorstehenden Ausführungen ist die Höchstbetragsberechnung auch durchzuführen, wenn der Arbeitnehmer für seine Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowohl ein eigenes KFZ als auch öffentliche Verkehrsmittel einsetzt.
  • Die Entfernungspauschale ist für den Streckenanteil, für den der Arbeitnehmer öffentliche Verkehrsmittel nutzt, auf einen Höchstbetrag von 4.500 Euro begrenzt; für den Streckenanteil, auf dem der Arbeitnehmer sein eigenes KFZ nutzt, greift die Begrenzung nicht.
    Beispiel:
    Die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstrecke beträgt 130 km.
    Der Arbeitnehmer nutzt für die Fahrt zum Bahnhof (Entfernung 30 km) sein eigenes KFZ.
    Von dort fährt er weiter mit dem Zug (Entfernung 100 km).
    Da die kürzeste Straßenverbindung 100 km beträgt, ist diese Entfernung maßgeblich.
    Die Entfernungspauschale errechnet sich wie folgt:
    a.) Streckenabschnitt zwischen Wohnung und Bahnhof (30 km):
         220 Tage x (30 km ./. 20 km) x 0,30 Euro = 220 Tage x 10 km x 0,30 Euro = 660,00 Euro
    b.) Streckenabschnitt zwischen Bahnhof und regelmäßiger Arbeitsstätte (70 km):
         220 Tage x 70 km x 0,30 Euro = 4.620,00 Euro Höchstbetrag 4.500 Euro überschritten.
         Anzusetzen ist der Höchstbetrag 4.500,00 Euro.
        anzusetzende Entfernungspauschale: 5.160,00 Euro
     
  • Bei mehreren Wegen zwischen Wohnung und Arbeitsstätte an einem Arbeitstag kann die Entfernungspauschale für jeden Arbeitstag nur einmal angesetzt werden.
  • Wenn ein Arbeitnehmer mehrere regelmäßige Arbeitsstätten hat, ist für die Entfernung der Weg zur ersten regelmäßigen Arbeitsstätte als Umwegstrecke zur nächsten regelmäßigen Arbeitsstätte anzusehen.
    Der höchstzulässige Ansatz der Entfernungspauschale beläuft sich auf maximal die Hälfte der Gesamtstrecke abzüglich 20 km.
  • Die Entfernungspauschale wird unabhängig von den tatsächlichen Aufwendungen gewährt. Dies gilt auch dann, wenn dem Arbeitnehmer im Rahmen seines Dienstverhältnisses ein Dienstwagen überlassen wird und sämtliche Aufwendungen für das KFZ vom Arbeitgeber getragen werden.
    Auf die Entfernungspauschale anzurechnen sind 
    – nach § 8 Absatz 3 EStG steuerfreie Sachbezüge für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte bis höchstens 1.080 Euro
      (Rabattfreibetrag), der nach § 40 Absatz 2 Satz 2 EStG pauschal versteuerte Arbeitgeberersatz bis zur Höhe der wie Werbungskosten
      abzugsfähigen Entfernungspauschale
    – nach § 8 Absatz 2 Satz 9 EStG (44 Euro-Grenze) steuerfreie Sachbezüge für die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte
  • Die Beschränkung der Entfernungspauschale auf Strecken ab dem 21. Entfernungskilometer und die Begrenzung auf den Höchstbetrag von 4.500 Euro gelten bei Familienheimfahrten nicht.
  • Bei behinderten Menschen können an Stelle der Entfernungspauschale die tatsächlichen Aufwendungen bzw. der pauschale Kilometersatz in Höhe von 0,30 Euro pro gefahrenen Kilometer angesetzt werden; Unfallkosten können zusätzlich angesetzt werden.
    Bei Ansatz der tatsächlichen Kosten greift die Kürzung um die ersten 20 km nicht ein.
  • Mit der Entfernungspauschale gelten sämtliche Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als abgegolten (Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale); Aufwendungen für Parkgebühren, Finanzierungskosten, Reparatur- und Unfallkosten können daher nicht zusätzlich abgezogen werden.
  • Bei Zuschüssen des Arbeitgebers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte kann von der Pauschalierungsmöglichkeit gemäß § 40 Absatz 2 Satz 2 EStG Gebrauch gemacht werden, soweit der Fahrtkostenzuschuss den Betrag nicht übersteigt, den der Arbeitnehmer im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung als Werbungskosten geltend machen könnte.
    Gewährt der Arbeitnehmer einen höheren Fahrtkostenzuschuss, handelt es sich hinsichtlich des übersteigenden Betrags um steuer- und beitragspflichtigen Arbeitslohn.

 

Anmerkung des Autors
Anhand der gesetzlichen Neuregelung bei der Entfernungspauschale wird sehr deutlich, dass sich zwischen der permanenten Weiterentwicklung im deutschen Steuerrecht und der von allen Seiten gewünschten Steuervereinfachung eine immer größer werdende Kluft auftut. Darüber hinaus trägt diese Regelung vor dem Hintergrund einer deutlich höheren steuerlichen Belastung durch Umsatzsteuer, Mineralölsteuer und Ökosteuer ganz und gar nicht zu mehr Steuergerechtigkeit bei. Selbst die verhältnismäßig einfache Sachverhaltsfrage, wie Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bei Arbeitnehmern lohnsteuerlich zu würdigen sind, wird zu einer Doktorarbeit und erfordert erheblichen zeitlichen Aufwand sowie steuerlichen Sachverstand. Die vereinfachte, auf einem Bierdeckel abzugebende Steuererklärung rückt daher in weitere Ferne denn je.

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