iGZ- Praxistipp: Bahnstreik

In der jüngeren Vergangenheit stellte sich immer wieder die Frage nach der Tragung des Risikos des Nichteinsatzes von Zeitarbeitnehmern aufgrund von Streiks im Kundenbetrieb.

Bei dem derzeit stattfindenden Bahnstreik stellt sich die Sachlage meist anders dar.

Sicherlich gibt es auch Zeitarbeitsunternehmen, deren Kunde die Deutsche Bahn AG ist und die an diese Kundin Mitarbeiter überlassen. Der iGZ/DGBTarifvertrag verbietet in solchen Fällen die Überlassung an den ordnungsgemäß bestreikten Kundenbetrieb. In den weitaus meisten Fällen werden iGZ-Mitgliedsunternehmen jedoch insoweit durch den Bahnstreik betroffen sein als Mitarbeiter, die zur Erreichung des Einsatzbetriebes auf die Benutzung der Bahn angewiesen sind, zu spät dort eintreffen bzw. der Kunde Zeitarbeitnehmer mangels Beschäftigungsmöglichkeit wegen verspäteter oder nicht ausbleibender Warenlieferungen abmeldet.

Abmahnung für Verspätung am Arbeitsplatz, Informationspflicht

Kein Lohn für Arbeitsausfall wegen Verspätung

Arbeitnehmern, die wegen eines Bahn-Streiks verspätet am Arbeitsplatz erscheinen, droht eine Abmahnung, wenn die Streiks – zum Beispiel in Medien – frühzeitig angekündigt wurden.

Seitens der Arbeitnehmer besteht grundsätzlich die Pflicht, rechtzeitig am Arbeitsplatz zu erscheinen.

Bei einem Streik von Bussen oder Bahnen muss der Arbeitnehmer zumutbare Vorkehrungen treffen, um pünktlich bei der Arbeit zu sein.
Weiterhin besteht seitens des Arbeitnehmers die Pflicht, schnellstmöglich den Arbeitgeber über eine Verspätung oder das wahrscheinliche Fehlen zu informieren.
Informiert er seinen Arbeitgeber hierüber nicht und tritt er seine Arbeit verspätet an, so kann ihm Eigenverschulden hinsichtlich der Verspätung vorgeworfen werden. Dann ist eine Abmahnung gerechtfertigt. Auch Lohn erhält der Arbeitnehmer für die ausgefallene Zeit nicht.

Hier gilt das Prinzip: Ohne Arbeit, kein Geld.

Zwar sieht § 616 BGB vor, dass der zur Dienstleistung Verpflichtete seinen Lohnanspruch nicht dadurch verliert, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund und ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird.

Allerdings sind Verspätungen aufgrund von Streiks keine in der Person der Arbeitnehmer liegenden Gründe. Vielmehr trifft der Streik die Allgemeinheit.

Zeitarbeitsunternehmen trägt Risiko der Abmeldung des Zeitarbeitnehmers 

Abmilderung des Beschäftigungsrisikos.

Es stellt sich weiter die Frage, ob und inwieweit das Zeitarbeitsunternehmen das Risiko der Abmeldung des Zeitarbeitnehmers mangels Beschäftigungsmöglichkeit aufgrund des Ausbleibens von Lieferungen für den Kundenbetrieb zu tragen hat.

Die Möglichkeit der Abmeldung des Mitarbeiters richtet sich in erster Linie nach dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag. F

alls im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag mit dem Kundenbetrieb die Abmeldung der überlassenen Arbeitnehmer innerhalb einer bestimmten Frist vereinbart wurde, so kann der Kunde natürlich auch im vorliegenden Falle davon Gebrauch machen.
Er hat bis zum Ablauf der Frist die Arbeitnehmerüberlassungsvergütung weiterzuzahlen. Oft wird diese Abmeldefrist sehr kurz sein.
Häufig wird das Zeitarbeitsunternehmen sich auch ohne eine entsprechende Vereinbarung genötigt sehen, im Wege der Kulanz die überlassenen Arbeitnehmer zurückzunehmen.

In einem solchen Falle trägt das Zeitarbeitsunternehmen als Arbeitgeber das Risiko der Lohnfortzahlung.

Welche Möglichkeiten der Abmilderung dieses Risikos bieten Gesetz und Tarifvertrag?

Kurzarbeit

Der Rückgriff auf das Rechtsinstitut der Kurzarbeit scheidet für Zeitarbeitsunternehmen leider aus.

Nach einer Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30. August 2006 (L 12 AL 168/05) sollen Personaldienstleister keine Kurzarbeitergeldansprüche nach §§ 169 Sozialgesetzbuch III geltend machen können, wenn der Kundenbetrieb mittelbar infolge eines Streiks die Leiharbeitnehmer nicht beschäftigen kann.

Ein Personaldienstleister hatte mehrere Mitarbeiter einem Kunden überlassen, der für ein Drittunternehmen die gesamte Disposition sowie Teilelieferungen für die Endmontage übernommen hatte und hier die Leiharbeitnehmer einsetzen wollte.
Wegen streikbedingter Blockademaßnahmen in diesem Drittunternehmen konnte der Kunde im Juni 2003 für die Dauer von drei Wochen seine Logistikleistungen nicht erbringen und die Mitarbeiter des Personaldienstleisters nicht einsetzen.
Während die Mitarbeiter des Kunden, die von demselben streikbedingten Arbeitsausfall betroffen waren, Kurzarbeitergeld erhielten, wurde der entsprechende Antrag des Personaldienstleisters abgelehnt.

Nach Auffassung des LSG Nordrhein-Westfalen fehlte es für die Mitarbeiter des Personaldienstleisters schon an einem erheblichen Arbeitsausfall mit Entgeltausfall, der gemäß § 169 SGB III Grundvoraussetzung für einen Kurzarbeitergeldanspruch ist.

Zwar hatte der Personaldienstleister mit seinen Mitarbeitern eine Vereinbarung getroffen, dass sie für den Zeitraum des Arbeitsausfalls kein Entgelt erhalten; diese Vereinbarung erachtete das LSG Nordrhein- Westfalen wegen eines Verstoßes gegen § 11 Abs. 4 Satz 2 AÜG aber für rechtsunwirksam.

Arbeitszeitkonto

Das Zeitarbeitsunternehmen hat allerdings die Möglichkeit, Freizeitausgleich im Rahmen des § 3.2. iGZ/DGB-Manteltarifvertrag bis zu zwei Tage einseitig anzuordnen.

Mit Einverständnis des Mitarbeiters kann auch hierüber hinaus das Arbeitszeitguthaben für die zu überbrückende einsatzfreie Zeit eingesetzt werden.

Ebenfalls im Einvernehmen des Arbeitnehmers kann das Arbeitszeitguthaben dabei auch ins Minus laufen.

Betriebsruhe

Falls der Streik sich hinziehen sollte und insbesondere ganze Abteilungen des Kundenbetrieb hierdurch lahmgelegt werden, rückt eine weitere rechtliche Möglichkeit der Abmilderung des arbeitgeberseitigen Beschäftigungsrisikos ins Blickfeld, die iGZAnwendern oftmals nicht geläufig ist und daher in der Praxis eher ein stiefmütterliches Dasein fristet.

Gemäß § 7.2. iGZ/DGB-Tarifvertrag kann das Zeitarbeitsunternehmen nämlich für einen Zeitraum von bis zu 14 Kalendertagen eine Betriebsruhe anordnen.

Der Arbeitnehmer kann sich dieser Anordnung nicht entziehen und muss in diesem Zeitraum frei machen. Die Betriebsruhe ist kundenbetriebsbezogen.
Es kann zu diesem Zweck benötigte Zeit entweder vom Urlaubskonto oder vom Arbeitszeitkonto entnommen werden.
Zu diesem Zweck können seitens des Arbeitgebers bis zu 50 Minusstunden auf dem Arbeitszeitkonto angesammelt werden.

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