Insolvenzen

Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen stieg seit Anfang der neunziger Jahre kontinuierlich und deutlich an. Waren 1991 noch weniger als 9.000 Unternehmen betroffen, kam 1998 für fast 28.000 Firmen das Aus. Nach einem leichten Rückgang 1999 steigt die Zahl der Pleiten seit 2000 wieder an. 2001 wurden fast 32.300 Fälle registriert, 2002 mussten bereits 37.579 Firmen den Gang zum Insolvenzrichter antreten und 2003 waren es nach Auskunft der Wirtschaftsauskunftei nahezu 40.000 – das sind 5,5 Prozent mehr als im Vorjahr und so viel wie nie zuvor in Deutschland. Besonders schnell wuchs die Zahl in den neuen Ländern, wo erst mit den Gründungen nach der Wende auch die Zahl der Insolvenzen ansteigen konnte. Aber auch im Westen verdoppelte sich die Anzahl der Pleiten in nur sechs Jahren. Während mittelständische Unternehmen meist ohne großes Aufsehen den Gang zum Insolvenzrichter antreten, haben diverse Großpleiten in 2002 Aufmerksamkeit erregt. Doch die dramatische Zunahme der Unternehmensinsolvenzen betrifft weiterhin vor allem die Mittelständler. Von der Wirtschaftslage geht nach aktuellen Umfragen keine Entwarnung aus, der Mittelstand erwartet noch keinen Aufschwung. Die durch Insolvenzen verursachten Schäden sind zuletzt deutlich auf 22,5 Mrd. Euro im ersten Halbjahr 2002 gestiegen – ein Zuwachs gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 25 Prozent. Damit dürften für das Gesamtjahr 2002 Schäden von ca. 40 Mrd. Euro gegenüber 32,3 Mrd. Euro in 2001 eintreten. Für das erste Halbjahr 2002 werden die Arbeitsplatzverluste durch Unternehmenspleiten in der deutschen Wirtschaft auf 310.000 Stellen geschätzt; das ist ein Viertel mehr als im Vorjahreszeitraum. Damit droht für das laufende Jahr ein neuer Höchststand. Schon im vergangenen Jahr waren die durch Insolvenzen vernichteten Arbeitsplätze um mehr als 12 Prozent auf mehr als eine halbe Million angewachsen. Fast ein Drittel der Arbeitsplatzverluste entfällt auf die neuen Länder, obwohl hier weniger als 20 Prozent der Beschäftigten tätig sind. Die Gefahr, durch eine Unternehmenspleite den Job zu verlieren, ist im Osten beinahe doppelt so hoch wie im Westen Deutschlands. Angesichts der Lage auf dem Bau kann es nicht überraschen, dass das Baugewerbe mit über 9.000 Unternehmen oder 28 Prozent der Pleiten 2001 das Insolvenzgeschehen dominierte. Knapp 13.000 Insolvenzen entfielen auf die Dienstleistungsbereiche und 6000 auf den Handel. Das Verarbeitende Gewerbe kam mit 3.655 Insolvenzen auf einen Anteil von 11 Prozent. Mit der neuen Insolvenzordnung (InsO) wurde 1999 erstmals ein einheitliches Recht für Unternehmenspleiten eingeführt. Die Neuordnung hat sicher dazu beigetragen, dass nun mehr große Firmen den Gang zum Insolvenzrichter antreten. Diese können die Pleite nun nicht mehr beliebig hinauszögern. Dafür bietet ein Insolvenzverfahren auch eine Chance zum Neuanfang. Die Geschäfte können weiter geführt werden, während sich der Insolvenzverwalter um die Sanierung von Unternehmenteilen bemüht, wenn er die Geschäftsfortführung für möglich und sinnvoll hält. Mit Zustimmung einer Mehrheit der von den Gläubigern vertretenen Forderungen wird das Unternehmen entschuldet, während der Betrieb weiter läuft. Früher war dies nur im gerichtlichen Vergleichsverfahren möglich – doch in den achtziger Jahren war der Vergleich mit einem Anteil von nur noch ca. 1 Prozent der Unternehmenspleiten fast bedeutungslos geworden. Heute muss schon bei drohender Überschuldung der Gang zum Insolvenzrichter angetreten werden, sonst liegt eine Insolvenzverschleppung vor, die mit bis zu drei Jahren Haft bestraft wird. Dies ist eine Antwort darauf, dass nach altem Recht immer mehr Konkurse mangels Masse abgelehnt werden mussten – zuletzt reichte bei drei Vierteln der Insolvenzen die Konkursmasse nicht zur Deckung der Verfahrenskosten. Ein Hinweis, dass die Insolvenz meist viel zu spät realisiert wurde. Neu geschaffen wurde die Verbraucherinsolvenz mit Restschuldbefreiung. Die 1999 vorgesehene Möglichkeit, dass auch Kleinunternehmen die vereinfachte Verbraucherinsolvenz wählen, wurde mit der Gesetzesänderung von 2001 wieder abgeschafft. Auch Selbständige mit mehr als 19 Gläubigern müssen nun die Regelinsolvenz durchlaufen.

Schreibe einen Kommentar