Neue Rechtsprechung zur (betriebsbedingten) Änderungskündigung

Eine Änderungskündigung zeichnet sich dadurch aus, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis (ordentlich) kündigt und dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen anbietet.

Der Arbeitnehmer kann sodann frei wählen, ob er das Änderungsangebot

  • ablehnt,
  • endgültig annimmt,
  • unter Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung der Änderungskündigung annimmt,
    d. h. für den Fall der gerichtlichen Feststellung der Rechtmäßigkeit der Änderungskündigung.

Eine Änderungskündigung kann aus personenbedingten (z. B. Krankheit), verhaltensbedingten oder betriebsbedingten Gründen gerechtfertigt sein.

Da eine Beendigungskündigung nur als ultima ratio in Betracht kommt, ist vor Ausspruch einer solchen stets die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung zu geänderten Bedingungen zu prüfen.

Das BAG hat zuletzt in verschiedenen Entscheidungen die Voraussetzungen und Bedingungen einer (betriebsbedingten) Änderungskündigung – teilweise unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung – konkretisiert.

1. Unwirksamkeit einer Beendigungskündigung

Spricht der Arbeitgeber trotz des Bestehens einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit (auch auf einer niedrigeren Hierarchieebene) statt einer Änderungskündigung sofort eine Beendigungskündigung aus, so ist diese Kündigung regelmäßig unwirksam, unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer ein etwaiges Änderungsangebot überhaupt angenommen hätte oder nicht (BAG, Urt. v. 21.4.2005 – 2 AZR 132/04, andere Ansicht noch BAG, Urt. v. 27.9.1984). Denn es ist Sache des Arbeitnehmers zu entscheiden, ob er die geänderten Bedingungen für zumutbar hält.

Offen gelassen hat das BAG lediglich, ob eine Änderungskündigung in Extremfällen (z. B. Angebot einer Pförtnerstelle an den bisherigen Personalchef) unterbleiben kann.

2. Betriebsbedingte Gründe

Eine betriesbedingte Änderungskündigung setzt voraus, dass das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb zu den bisherigen Bedingungen entfallen ist.
Dies kann auf einer unternehmerischen Entscheidung zur Umstrukturierung des gesamten oder von Teilen eines Betriebs oder einzelner Arbeitsplätze beruhen (BAG, Urt. v. 12.1.2006 – 2 AZR 126/052).

Beispielhaft seien hier genannt:
Eine Änderung des Arbeitsortes infolge einer Verlegung des Betriebssitzes oder eine Änderung der Höhe bzw. Verteilung der Arbeitszeit infolge eines dauerhaften Auftragsrückgangs bzw. der Einführung von Schichtarbeit.

Eine Änderungskündigung zur bloßen Absenkung der Vergütung ist nur in Ausnahmefällen unter sehr strengen Voraussetzungen möglich, da unmittelbar in das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung (Arbeit gegen Geld) eingegriffen wird.
Eine solche Änderungskündigung ist nur begründet, wenn bei einer Aufrechterhaltung der bisherigen Personalkostenstruktur weitere, betrieblich nicht mehr auffangbare Verluste entstehen, die absehbar zu einer Reduzierung der Belegschaft oder sogar zu einer Schließung des Betriebs führen. Regelmäßig setzt deshalb eine solche Situation einen umfassenden Sanierungsplan voraus, der alle gegenüber der beabsichtigten Änderungskündigung milderen Mittel ausschöpft.

Vom Arbeitgeber wird insoweit verlangt, dass er die Finanzlage des Betriebs, den Anteil der Personalkosten, die Auswirkung der erstrebten Kostensenkungen für den Betrieb und für die Arbeitnehmer darstellt und ferner darlegt, warum andere Maßnahmen nicht in Betracht kommen (BAG, Urt. v. 12.1.2006).

In der Praxis lassen sich Änderungskündigungen zur Vergütungsabsenkung daher kaum erfolgreich begründen.

3. Art, Umfang und Bestimmtheit der angebotenen Änderung

Der Arbeitgeber muss sich darauf beschränken, lediglich solche Änderungen anzubieten, die geeignet und erforderlich sind, um den Inhalt des Arbeitsvertrages den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen.

Die angebotenen Änderungen dürfen sich nicht weiter vom Inhalt des bisherigen Arbeitsverhältnisses entfernen, als zur Erreichung des angestrebten Ziel erforderlich ist (BAG, Urt. v. 18.5.2006 – 2 AZR 230/05).

Das Änderungsangebot muss zu dem so konkret und bestimmt formuliert sein, dass der Arbeitnehmer dieses durch ein bloßes Ja annehmen kann.

4. Annahmefrist

Nach § 2 S. 2 KSchG kann der Arbeitnehmer das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung der Kündigung annehmen.
Den Vorbehalt muss der Arbeitnehmer, wenn die Kündigungsfrist weniger als drei Wochen beträgt, innerhalb der Kündigungsfrist, ansonsten innerhalb von drei Wochen erklären.
Nach seinem Wortlaut gilt diese Frist des § 2 S. 2 KSchG lediglich für die Vorbehaltserklärung, nicht jedoch für die vorbehaltlose Annahme des Änderungsangebots.

Das BAG hat nun entschieden, dass diese Frist zugleich als Mindestfrist auch für die vorbehaltlose Annahme des Änderungsangebotes.
Ist die ordentliche Kündigungsfrist länger als drei Wochen, so hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ab Zugang der Kündigung eine Frist von mindestens drei Wochen zu gewähren, innerhalb derer der Arbeitnehmer über die Annahme oder Ablehnung des Änderungsangebotes entscheiden kann.

Setzt der Arbeitgeber allerdings eine zu kurze Annahmefrist, so führt dies nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung, sondern wird vielmehr die gesetzliche Frist von drei Wochen in Lauf gesetzt (BAG, Urt. v. 18.5.2006).

5. Notwendigkeit eines vorherigen Gesprächs?

Das BAG hat klargestellt, dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, mit dem Arbeitnehmer vor Ausspruch einer Änderungskündigung in einem klärenden Gespräch eine einvernehmliche Lösung zu suchen (BAG, Urt. v. 21.4.2005 – 2 AZR 244/04, andere Ansicht noch BAG, Urt. v. 27.9.1984).
Der Arbeitgeber kann danach auch ohne vorheriges Gespräch sogleich eine Änderungskündigung aussprechen.
Dies schließt jedoch nicht aus, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Interesse einer einvernehmlichen Lösung zunächst ein Änderungsangebot unterbreitet.

6. Änderungskündigung im Falle vorheriger Ablehnung?

Lehnt der Arbeitnehmer ein zuvor unterbreitetes Änderungsangebot ab, so stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber sogleich eine Beendigungskündigung aussprechen kann.

Dies hat das BAG für den Regelfall verneint.
Der Arbeitgeber ist grundsätzlich verpflichtet, trotz einer vorherigen Ablehnung des Änderungsangebots noch eine Änderungskündigung auszusprechen.
Der Ausspruch einer Änderungskündigung ist ausnahmsweise nur entbehrlich, wenn der Arbeitnehmer das Angebot zuvor vorbehaltlos und endgültig abgelehnt hat.
Der Arbeitnehmer muss unmissverständlich zu erkennen gegeben haben, dass er unter keinen Umständen bereit ist, zu den geänderten Arbeitsbedingungen zu arbeiten.

Im Kündigungsschutzverfahren trifft den Arbeitgeber die Beweislast für eine solche definitive und endgültige Ablehnung.

Dieser Beweis ist meistens schwer zu führen.
Es ist daher dringend anzuraten, auch bei einer vorherigen Ablehnung des Änderungsangebotes durch den Arbeitgeber stets eine Änderungskündigung, mit der das Änderungsangebot noch einmal unterbreitet wird, auszusprechen und sich nicht auf eine Beendigungskündigung zu beschränken.

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