Neue Rechtsprechung zur Sachgrundbefristung wegen Projektarbeit

Bei der Sachgrundbefristung ist der Sachgrund des vorübergehenden Bedarfs an der Arbeitsleistung nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG in der Praxis von besonderer Bedeutung.

Erforderlich ist hierbei eine zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses auf Tatsachen gestützte Prognose des Arbeitgebers, nach der der Arbeitsmehrbedarf mit hinreichender Sicherheit zum Befristungsende wegfallen wird.

Vorausgesetzt wird eine fundierte Tatsachenprognose, während eine bloße Unsicherheit über die weitere Entwicklung nach der Rechtsprechung des BAG nicht ausreichen soll.

Die Gerichte vergleichen im Prozess die vom Arbeitgeber angestellte und vorgetragene Prognose mit dem tatsächlichen Verlauf und erwarten vom Arbeitgeber eine schlüssige Begründung, sollten Plan und tatsächliche Entwicklung im Einzelfall auseinanderfallen (vgl. BAG, Urteil vom 28.03.01, AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 227).

In einer aktuellen Entscheidung des BAG aus dem Jahre 2004 (Urteil vom 25.08.04, NZA 2005, 357) ging es um Sachgrundbefristungen zur Abarbeitung befristeter Projektarbeiten im Rahmen der Entwicklungshilfe im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ).

Das BAG entschied, dass ein projektbedingt erhöhter Personalbedarf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG rechtfertigen kann.
Eine solche Vertragsbefristung setze (lediglich) voraus, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass für die Beschäftigung des Arbeitnehmers über das vereinbarte Vertragsende hinaus kein Bedarf besteht.

Insoweit bestätigte das BAG seine bisherige, ständige Rechtsprechung in Bezug auf sog. Bedarfsbefristungen nach § 14 Abs. 1 Ziff. 1 TzBfG.
Das BAG stellte allerdings ergänzend klar, dass sich die vom Arbeitgeber anzustellende Prognose nur auf das konkrete Projekt und nicht etwa daneben auch auf mögliche Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten in anderen, parallel oder zeitlich nachlaufenden Projekten beziehen müsse.

Noch im Jahre 1993 (Urteil vom 01.12.1993, Az.: 7 AZR59/93) hatte das BAG (zum abgelösten BeschFG) entschieden, dass eine projektbedingte Befristung mit zunehmender Beschäftigungsdauer nur sachlich gerechtfertigt sei, wenn zur Zeit des Abschlusses des Arbeitsvertrags hinreichend konkrete, objektive Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass dieser Arbeitnehmer nach Auslaufen des konkreten Projekts nicht mehr weiterbeschäftigt werden könne, weil für ihn keine Arbeit mehr vorhanden sei.

Hierzu führt das BAG nunmehr auß (Es) wird klar gestellt, dass sich die Aussage des Senats nur auf die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im konkreten Projekt und nicht in anderen Projekten bezieht. […]
Die Prognose ist nicht deswegen fehlerhaft, weil der Arbeitnehmer nach Fristablauf in einem anderem Betätigungsbereich hätte beschäftigt werden können und dies für den Arbeitgeber bei Vertragsschluss vorhersehbar war.
Die Prognose des Arbeitgebers muss sich nur auf die Beendigung des konkreten Projekts beziehen. Allein daraus folgt der vorhersehbare Wegfall des zusätzlichen Arbeitsbedarfs für den befristet eingestellten Arbeitnehmer. Dieser projektbedingte personelle Mehrbedarf stellt den Sachgrund dar, die Arbeitsverhältnisse der projektbezogen beschäftigten Arbeitnehmer für die Dauer des Projekts zu befristen.
Es ist deshalb unerheblich, ob der befristet beschäftigte Arbeitnehmer nach Fristablauf auf Grund seiner Qualifikation auf einem freien Arbeitsplatz in einem anderen Projekt befristet oder unbefristet beschäftigt werden könnte. (BAG v. 25.08.2004, NZA 2005, 357, 359)

Diese Entscheidung dürfte den Befristungs-Sachgrund Projektarbeit erheblich attraktiver als bisher machen, da Arbeitgeber ab jetzt nicht mehr befürchten müssen, dass sich ein projektspezifisch befristet eingestellter Arbeitnehmer nach Projektende auf Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten auf anderen Arbeitsplätzen oder anderen Projekten beruft.
Diese Entscheidung ist insofern bemerkenswert, als das BAG die Zulässigkeit der Bedarfsbefristung bislang davon abhängig gemacht hat, dass der Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Abschlusses des befristeten Arbeitsvertrages eine umfassende, d.h. auf sämtliche potentielle Beschäftigungsmöglichkeiten im Unternehmen bezogene, Prognose vortragen konnte und diese bislang als nicht hinreichend erachtete, wenn und soweit der Arbeitgeber zum relevanten Beurteilungszeitpunkt davon ausgehen musste, dass er zum Befristungsende alternative, freie und geeignete Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten auf anderen Positionen haben werde.

Nunmehr müssen sich Arbeitgeber, die Mitarbeiter auf befristete Projektarbeitsplätze einsetzen wollen, keine Gedanken mehr über Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten auf anderen (Projekt)Arbeitsplätzen mehr machen, sondern müssen nur noch darlegen und ggf. beweisen, dass sie zum Zeitpunkt des Arbeitsvertragsabschlusses die auf Tatsachen gestützte Prognose anstellen durften, dass der Bedarf an der Beschäftigung des Mitarbeiters wegen Projektablaufs zum Befristungsende auslaufen werde.

Wird ein befristetes Projekt allerdings nachträglich über einen längeren Zeitraum immer wieder verlängert, spricht nach Ansicht des BAG eine Vermutung auch für weitere künftige Verlängerungen.
Der Arbeitgeber muss dann im Rahmen seiner Prognose anhand objektiver Umstände darlegen, warum ausnahmsweise künftig nicht mehr mit einer Verlängerung zu rechnen ist.

Da es sich bei der Befristungsalternative Projektarbeit um eine Sachgrundbefristung nach § 14 Abs. 1 TzBfG handelt ist es auch unerheblich, ob der betreffende Mitarbeiter zuvor bereits befristet oder unbefristet bei dem Arbeitgeber tätig war, denn das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG gilt nur für die sog. Zeitbefristung des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG.
Des weiteren stellte das BAG in dieser Entscheidung erneut klar, dass bei mehreren aufeinander folgenden befristeten Arbeitsverträgen grundsätzlich nur die zuletzt vereinbarte Befristung der gerichtlichen Kontrolle unterliegt.
Dies beruht darauf, dass die Parteien das Vertragsverhältnis durch den vorbehaltlosen Abschluss eines weiteren befristeten Arbeitsvertrages auf eine neue rechtliche Grundlage stellen.

Diese neue rechtliche Grundlage soll künftig für die Rechtsbeziehung allein maßgeblich sein.

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass hierdurch ein zuvor abgeschlossenes, ggf. auch unbefristetes Arbeitsverhältnis, konkludent aufgehoben wird.

Anders beurteilt dies das BAG nur, wenn die Parteien bei Abschluss des letzten (befristeten) Vertrages einen entsprechenden Vorbehalt vereinbart haben oder wenn es sich bei dem letzten Vertrag lediglich um einen unselbständigen Annex zum vorherigen Vertrag handelt, mit dem das bisherige Arbeitsverhältnis nur hinsichtlich seines Endzeitpunktes, nicht aber in Bezug auf die Arbeitsinhalte, verändert werden sollte. In diesen Fällen empfiehlt es sich daher, die Aufhebung des Vorvertrages explizit schriftlich (vgl. § 623 BGB) zu vereinbaren; dies kann auch in dem anschließenden befristeten Arbeitsvertrag geschehen.

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