Voraussetzungen einer krankheitsbedingten Kündigung

Ist das Arbeitsverhältnis durch krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit schwerwiegend beeinträchtigt, so kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen personenbedingt kündigen.

Insoweit kommt eine Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen oder wegen Langzeiterkrankung in Betracht.

Die soziale Rechtfertigung der besonders praxisrelevanten personenbedingten Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen ist nach BAG in drei Stufen zu prüfen.

Auf der 1. Stufe bedarf es einer negativen Gesundheitsprognose für die Zukunft.
Es müssen bei Zugang der Kündigung objektive Tatsachen vorliegen, die die Befürchtung rechtfertigen, es werde auch künftig zu weiteren Erkrankungen ähnlichen Umfangs kommen.
Für diese Prognose bilden häufige (mehr als 6 Wochen/Jahr) Kurzerkrankungen in der Vergangenheit (letzte 3 Jahre) ein wichtiges Indiz.

Auf der 2. Stufe ist zu prüfen, ob die prognostizierten Fehlzeiten zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen.
Dies können etwa Betriebsablaufstörungen oder erhebliche wirtschaftliche Belastungen mit Entgeltfortzahlungen sein.
Letztere sind dann erheblich, wenn sie 6 Wochen pro Jahr übersteigen, was indiziert ist, wenn dies in den vor der Kündigung liegenden drei Jahren jeweils der Fall war.

Abschließend wird auf der dritten Stufe geprüft, ob dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der Belastungen und aller sonstigen Umstände unzumutbar ist und er als letztes Mittel (ultima ratio) zur Kündigung greifen durfte.
Hierbei muss der Arbeitgeber prüfen, ob er den Arbeitnehmer auf einem anderen, leidensgerechten Arbeitsplatz beschäftigen kann.

Problematisch ist, wie weit diese Prüfungspflicht des Arbeitgebers geht und was er hierzu im Kündigungsschutzprozess vortragen muss.

Betriebliches Eingliederungsmanagement

Ob der Arbeitgeber bei der Prüfung zumutbarer anderweitiger Beschäftigung des häufig kranken Arbeitnehmers auch ein betriebliches Eingliederungsmanagement gemäß § 84 Abs. 2 SGB IX durchführen muss, ist umstritten und vom BAG noch nicht geklärt.

Die Instanzgerichte (vgl. zuletzt LAG Niedersachsen v. 25.10.2006 – Az.: 6 Sa 974/05) gehen davon aus, dass die Vorschriften über das betriebliche Eingliederungsmanagement nicht nur auf Schwerbehinderte (bzw. Gleichgestellte), sondern auf alle Arbeitnehmer anzuwenden sind und jedenfalls die arbeitgeberseitige Pflicht konkretisieren, vor einer krankheitsbedingten Kündigung das Vorhandensein leidensgerechter anderer Arbeitsplätze zu prüfen.

Der Arbeitgeber darf also nicht nur intern beschränkt prüfen, sondern muss dies gemäß § 84 Abs. 2 SGB IX unter Beteiligung des Arbeitnehmers, des Betriebsrats und ggf. des Werks-/ Betriebsarztes tun.

Praxishinweis

Derzeit ist unklar, ob ein fehlerhaft unterbliebenes betriebliches Eingliederungsmanagement (§ 84 Abs. 2 SGB IX) automatisch zur Unwirksamkeit einer krankheitsbedingten Kündigung führt. Jedenfalls beeinflusst § 84 Abs.2 SGB IX aber die Prüfungspflichten des Arbeitgebers und damit auch den Umfang der von ihm geforderter Darlegungen im Kündigungsschutzprozess.

Der Arbeitgeber darf sich nicht auf die pauschale Behauptung beschränken, andere geeignete Arbeitsplätze seien nicht vorhanden.
Er muss konkrete Angaben zu einzelnen, nach den Vorgaben des § 84 Abs. 2 SGB IX zu (unter)suchenden Arbeitsplätzen machen, insbesondere, weshalb dort eine Beschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers selbst bei Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nicht möglich ist.

Arbeitgeber sollten bei krankheitsbedingten Kündigungen daher die Prüfung anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten stets und dokumentiert an den Vorgaben des § 84 Abs. 2 SGB IX ausrichten.

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