Zur (Un-)Widerruflichkeit der Urlaubserteilung im Zusammenhang mit Freistellungen nach Ausspruch einer Kündigung

Im Zusammenhang mit der Gewährung von Erholungsurlaub an Mitarbeiter ergeben sich in aller Regel keine wesentlichen rechtlichen Schwierigkeiten, die ein gerichtliches Verfahren nach sich ziehen.

Regelmäßig werden sich die Beteiligten im Streitfall untereinander verständigen, um das Arbeitsklima nicht unnötig zu belasten.
Anders kann dies freilich sein, wenn das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien in absehbarer Zeit endet oder bereits beendet ist.

Zwar nehmen Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses in vielen Fällen den ihnen noch nicht gewährten Erholungsurlaub, um so früher aus der aktiven Tätigkeit für den Arbeitgeber ausscheiden zu können.
Eine Verpflichtung, diesen Urlaub gegenüber dem Arbeitgeber zu beantragen, besteht jedoch nicht.
Vielmehr wandelt sich der Anspruch auf die Gewährung von Erholungsurlaub gem. § 7 Abs. 4 BUrlG in einen Abgeltungsanspruch um, wenn der Urlaub wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden kann.
Der Arbeitnehmer kann sich dann seinen noch offenen Urlaub auszahlen lassen.

Aufgrund dieses gesetzlich geregelten Abgeltungsanspruches zugunsten des Arbeitnehmers wird die Gewährung von Urlaub im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wichtig.

Hat der Arbeitgeber bis zur rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses den Erholungsurlaub nicht gewährt, führt dies zu zusätzlichen Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem ausscheidenden Mitarbeiter.

Die Rechtsprechung hat den Begriff der Urlaubsgewährung definiert als die zeitliche Festlegung des Urlaubs, also dessen Beginns und Endes, durch den Arbeitgeber, durch die der Arbeitnehmer für einen konkreten zukünftigen Zeitraum von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt wird. Entscheidend ist dabei, dass für die Urteilsgewährung ein Urlaubsantrag des Arbeitnehmers zwar üblich, jedoch nicht zwingend erforderlich ist. Äußert der Arbeitnehmer keinen Wunsch hinsichtlich der Gewährung von Erholungsurlaub, so kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Erholungsurlaub auch einseitig zuweisen.
Die Urlaubsgewährung hat dabei aber jedenfalls unwiderruflich zu erfolgen, d. h. es muss gewährleistet sein, dass der Arbeitnehmer während des gewährten Urlaubs nicht damit rechnen muss, zu Arbeit gerufen zu werden.

Die Frage der Urlaubsgewährung hat in den vergangenen Jahren im Zusammenhang mit Freistellungen nach Ausspruch von Kündigungen des Arbeitsverhältnisses an Bedeutung gewonnen.
Dies hängt insbesondere mit einer an sich völlig unabhängigen Entwicklung im Bereich des Sozialrechts zusammen.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) endet das sozialversicherungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis (im leistungsrechtlichen Sinn) wenn der Arbeitnehmer unter Fortzahlung des Entgelts unwiderruflich von der Arbeitsleistung freigestellt wird (BSG, 25.4.2002, AP Nr. 1 zu § 128 SGB III). Um zu vermeiden, dass Arbeitnehmer im Fall einer Freistellung nach Ausspruch der Kündigung ohne Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sind, wird in der Praxis daher zumeist lediglich eine widerrufliche Freistellung erklärt, bei der sich der Arbeitgeber vorbehält, die Arbeitsleistung des gekündigten Arbeitnehmers zu einem späteren Zeitpunkt während der laufenden Kündigungsfrist in Anspruch zu nehmen. Tatsächlich beabsichtigt ist dies freilich nur in Ausnahmefällen.

Problematisch ist in diesem Zusammenhang jedoch die Frage der Urlaubsgewährung.

Zumeist enthalten Kündigungsschreiben mit einer Freistellungserklärung eine Formulierung, nach der die Freistellung unter Anrechnung auf die noch bestehenden Urlaubsansprüche gewährt wird.

Hier liegt jedoch das Problem:
Während die Freistellung in Ansehung der sozialrechtlichen Problematik widerruflich ausgestaltet wird, kann eine Urlaubsgewährung nur unwiderruflich erfolgen.Eine nur widerrufliche Urlaubsgewährung wäre nicht wirksam.

Das BAG hat in diesem Zusammenhang in einer jüngeren Entscheidung vom 14. März 2006 (Az.: 9 AZR 11/05) wichtige Hinweise gegeben:
In dem zugrunde liegenden Fall hatte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer unter Anrechnung noch offener Urlaubsansprüche bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses freigestellt.
Die Freistellung war weder ausdrücklich als widerruflich oder unwiderruflich bezeichnet worden.

Das BAG hielt für diesen Fall fest, dass die Unwiderruflichkeit der Urlaubserteilung eine Rechtsfolge sei, auf die der Arbeitgeber bei der Urlaubserteilung nicht gesondert hinweisen muss.
Ist eine Freistellung somit unwiderruflich oder ist der Wortlaut insoweit offen, so stellt dies immer eine unwiderrufliche Urlaubsgewährung dar.
Ist die genaue Lage des Urlaubs und die Zahl der Urlaubstage nicht ausdrücklich festgelegt, so könne der Arbeitnehmer davon ausgehen, dass er für die restliche Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht mehr damit rechnen muss, eine Arbeitsleistung zu erbringen.
Ist die Freistellung unter Anrechnung auf den noch offenen Urlaub jedoch ausdrücklich widerruflich ausgestaltet, so ist nach Ansicht des BAG keine zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs notwendige Befreiungserklärung gegeben – der Urlaub ist somit nicht wirksam gewährt und nicht hinsichtlich des Urlaubsanspruchs zu berücksichtigen. Ein Urlaubsabgeltungsanspruch wird nicht vermieden. Es empfiehlt sich daher im Falle einer widerruflichen Freistellung in der Freistellungserklärung den Zeitpunkt der Urlaubsgewährung (sinnvollerweise am Beginn der Freistellung) zu bestimmen und den Arbeitnehmer erst im Anschluss an den so zugewiesenen Urlaub widerruflich von der Arbeitsleistung freizustellen.

Auf diese Weise wird man dem sozialrechtlichen Interesse des Arbeitnehmers an einem Fortbestand des sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses und dem urlaubsrechtlichen Interesse des Arbeitgebers an einer Vermeidung der Zahlung von Urlaubsabgeltungen jeweils gerecht.

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