Beschränkte Arbeitnehmerhaftung ist zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht

Das Bundesarbeitsgericht hatte vor kurzem wieder einmal die Gelegenheit sich einer Thematik zu widmen, die man getrost als arbeitsrechtlichen Dauerbrenner bezeichnen kann: Die beschränkte Arbeitnehmerhaftung.

In dem der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG Urt. v. 05.02.2004 – Az.: 8 AZR 91/03) zugrunde liegenden Fall hatte ein Arbeitnehmer mit einem Dienstwagen, der ihm auch zur privaten Nutzung überlassen war, im Rahmen seiner arbeitsvertraglichen Tätigkeit einen Blechschaden verursacht.
Im Arbeitsvertrag hatten Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart, dass der Mitarbeiter im Fall eines von ihm fahrlässig verschuldeten Unfalls die mit der Haftpflichtversicherung vereinbarte Selbstkostenbeteiligung von rund 1000 € selbst trägt.
Der Arbeitgeber zog gemäß der getroffenen Vereinbarung den entsprechenden Betrag mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung vom Gehalt des Mitarbeiters ab.

Dieser klagte und bekam schließlich Recht.

Der vorliegende Fall ist im Grunde ein Paradebeispiel für die Fälle der beschränkten Arbeitnehmerhaftung.

Nach deren Grundsätzen haftet ein Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber im Sinne eines innerbetrieblichen Schadensausgleichs nur eingeschränkt.

Es gelten dabei folgende Abstufungen:

  • keine Haftung bei leichtester Fahrlässigkeit des Arbeitnehmers;
  • anteilige Haftung bei mittlerer Fahrlässigkeit;
  • in der Regel voll Haftung bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz.

Leichteste Fahrlässigkeit ist dabei dann gegeben, wenn es sich lediglich um geringfügige und leicht entschuldbare Pflichtwidrigkeiten handelt.

Grobe Fahrlässigkeit hingegen ist bei besonders schwerwiegenden, nicht entschuldbaren Pflichtverletzungen gegeben, wenn der Arbeitnehmer die Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die jedem eingeleuchtet hätte. Eine summenmäßige Haftungsbegrenzung sehen die Grundsätze nicht vor.

Ursprünglich wurden diese Grundsätze von der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte nur auf die Fälle so genannter Gefahrgeneigter Arbeit beschränkt.

Inzwischen wird das Modell der beschränkten Arbeitnehmerhaftung aber auf alle Tätigkeiten im Rahmen des Arbeitsverhältnisses angewandt. Hintergrund für die Haftungserleichterungen zugunsten des Arbeitnehmers ist die Überlegung, dass selbst dem sorgfältigen Arbeitnehmer Fehlerunterlaufen können, die zwar für sich genommen fahrlässig sind, mit denen aber aufgrund der menschlichen Unzulänglichkeit gerechnet werden muss.
Hinzu kommt, dass der Arbeitgeber durch sein Weisungsrecht das Risikopotential der jeweiligen Arbeit weitgehend bestimmt, so dass die schärferen Haftungsregelungen des BGB nicht als angemessen erscheinen.

Mit seiner neuerlichen Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) seine bisherige Rechtsprechung bestätigt.
Die zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer getroffene Abrede, dass der Arbeitnehmer in allen Fällen einer fahrlässigen Unfallverursachung für die Selbstbeteiligung aufkommen muss, widerspricht den oben genannten Grundsätzen, dass der Arbeitnehmer in Fällen nur leichtester Fahrlässigkeit nicht haftet.

Die Grundsätze der beschränkten Arbeitnehmerhaftung sind einseitig zwingendes Recht, d.h. von ihnen kann weder einzel- noch kollektivvertraglich zu Lasten des Arbeitnehmers abgewichen werden.

Den Einwand, der Arbeitnehmer habe durch die Überlassung des Dienstwagens auch zur privaten Nutzung im Grunde eine zusätzliche Gegenleistung für die Haftungsübernahme erhalten, ließ das BAG im Übrigen nicht gelten.

Die erlaubte Privatnutzung sei ein Teil des Entgelts für die geschuldete Arbeitsleistung. Die könne allenfalls zu einer Vereinbarung einer verschärften Haftung im Rahmen der Privatnutzung des Dienstwagens führen, keinesfalls aber bei dienstlich veranlassten Fahrten.

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