Bundessozialgericht entschied gegen die Zeitarbeitsbranche(VBG-Gefahrtarif 1998)

Der 2. Senat des Bundessozialgerichts hat am 22. Juni 2004 u.a. über folgende Revisionen aus dem Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung im Bereich der Zeitarbeitsbranche (VBG) entschieden:
 

1) B 2 U 39/03 R – Z./. Verwaltungs-BG

Die Klägerin betreibt ein Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung und ist Mitglied der beklagten BG.

Die Beteiligten streiten sich über die Höhe der Beiträge der Klägerin zur Beklagten für die Jahre 1998 bis 2000.

Konkret beansprucht die Klägerin die Herabsetzung der sog. Gefahrklasse, die ihr die Beklagte unter Geltung des für die Jahre 1995 bis 1997 geltenden Gefahrtarifs eingeräumt hatte.

Das SG hat die Klage abgewiesen.

Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Mit Inkrafttreten des neuen Gefahrtarifs für die Jahre 1998 bis 2000 sei die Beklagte an die Feststellungen zu dem alten nicht mehr gebunden. Herabsetzungen der Gefahrklasse gemäß Teil II Nr. 2 des Gefahrtarifs der Beklagten dürften nur in außergewöhnlichen Einzelfällen bewilligt werden.

Diese Voraussetzungen lägen nicht vor.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

SG Duisburg – S 6 U 124/00 – LSG Nordrhein-Westfalen – L 4 (2) U 65/01 – 2) B 2 U 2/03 R – A. GmbH ./. Verwaltungs-BG

Die Klägerin, ein Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung, wendet sich gegen ihre Veranlagung auf Grund des ab dem Jahre 1995 geltenden Gefahrtarifs der beklagten BG sowie die Höhe der Beiträge für die Jahre 1996 und 1997.

Das SG hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben, das LSG hat die Klage unter Abänderung des SG-Urteils insgesamt abgewiesen.

Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sie macht u.a. geltend, die Bildung der Gefahrtarifstellen und die Berechnung der Gefahrklassen in dem Gefahrtarif 1995 der Beklagten sowie die Berücksichtigung der sog Altlasten-Ost nach der Höhe der Gefahrklasse bei den jährlichen Beiträgen seien rechtswidrig; auch werde sie insoweit durch einen ungerechtfertigten Beitragsverzicht der Beklagten zu Gunsten der Profi-Fußballvereine unzulässig belastet.

SG Koblenz – S 2 U 42/96 – LSG Rheinland-Pfalz – L 3 U 213/98 –

Die BSG – Entscheidungen hierzu

Zu 1) Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg.

Die Beklagte hat die Herabsetzung der Gefahrklasse auf der Grundlage ihres mit höherrangigem Recht vereinbaren Teil II Nr 2 des Gefahrtarifs 1998 zu Recht abgelehnt.

Nach dessen Wortlaut ist die Herabsetzung wegen einer von der üblichen erheblich abweichenden Betriebsweise auf Einzelfälle beschränkt.
Dieses Merkmal ist nicht erfüllt, wenn – wie die Klägerin selbst vorgetragen hat – die von ihr als erheblich abweichend angesehene Betriebsweise von bis zu 20 % aller Arbeitnehmerüberlassungsunternehmen praktiziert wird.

SG Duisburg – S 6 U 124/00 – LSG Nordrhein-Westfalen – L 4 (2) U 65/01 – – B 2 U 39/03 R –

zu 2) Die Revision der Klägerin war erfolglos.

Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens waren nur die die Jahre 1996 und 1997 betreffenden Veranlagungsbescheide.

Die im Laufe des Klageverfahrens ergangenen Beitragsbescheide für die Jahre 1996 und 1997 erfüllen nicht die Voraussetzungen des § 96 Abs. 1 SGG, weil sie die Veranlagungsbescheide nicht abändern oder ersetzen.
Da insoweit keine Vorverfahren durchgeführt wurden, konnten sie auch nicht im Wege einer Klageänderung gemäß § 99 SGG einbezogen werden. In der Sache war die Revision gegen die Veranlagungsbescheide zurückzuweisen: Die Bildung der Gefahrtarifstellen in dem Gefahrtarif 1995 der beklagten Berufsgenossenschaft (BG) war im Rahmen der eingeschränkten gerichtlichen Überprüfungsbefugnis nicht zu beanstanden.

Die Erwägungen, mit denen der Senat dies hinsichtlich der Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung für den ab 1.1.1998 geltenden Gefahrtarif 1998 der BG entschieden hat (Urteil vom 24.6.2003 = BSGE 91, 128 = SozR 4-2700 § 157 Nr. 1), gelten entsprechend.

Diese Unternehmen sind ein eigenständiger Gewerbezweig, für den die Beklagte zwei eigene Gefahrtarifstellen bilden konnte.

Die Berechnung der Gefahrklassen dieser Gefahrtarifstellen ist wie die für den Gefahrtarif 1998 ebenfalls nicht zu beanstanden.

Das LSG ist auf Grund seiner rechtlich nicht zu beanstandenden Würdigung der Zahlenbasis des Gefahrtarifs zu dem Ergebnis gekommen, dass gravierende Fehler nicht vorgelegen haben und sich im Übrigen wegen der weit unter der errechneten Gefahrklasse erfolgten Veranlagung auch nicht ausgewirkt hätten.

Es musste sich auch nicht zu weiteren Beweiserhebungen gedrängt sehen.

Auf die Fragen zum Beitragsnachlass für die Profi-Fußballvereine und zu den Altlasten-Ost kam es für die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Veranlagung nicht an.

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