Das neue Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)

Ab dem 8. Juli 2004 haben Unternehmen mehr Freiheit in der Werbung.

An dem Tag ist das neue Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in Kraft getreten.

Jetzt sind alle Arten von Sonderaktionen jederzeit möglich.

Damit können die Unternehmen ihren Sommerschluss-Verkauf in diesem Jahr ohne die gewohnten gesetzlichen Beschränkungen machen.

Der Händler kann jetzt frei entscheiden, wann und wie lange er einen SSV machen will.

Auch kann er alle Arten von Waren reduziert anbieten, wie er will.

Neue Freiheiten …

Künftig fällt das Sonderveranstaltungsverbot und damit die Beschränkung auf die drei Sonderverkaufsarten:

  • Jubiläumsverkäufe (alle 25 Jahre),
  • Sommer- und Winterschlussverkäufe und
  • Sonderangebote.

Aktionen können jetzt jederzeit durchgeführt werden.

Durch die Liberalisierung kann der Handel seiner Kreativität in der Werbung freien Lauf lassen.

Ob Filialräumungsverkäufe, Räumungsverkäufe wegen Malerarbeiten, die „Alles-muss-raus-Aktion, 20 Prozent auf das gesamte Sortiment und was auch immer sich ein Unternehmer für Anlässe ausdenkt, sind zulässig.

Möglich sind auch gemeinsame Sommer- oder Winterschlussaktionen einer Innenstadt, eines Werberings oder eines Einkaufszentrums, solange die Teilnahme für das einzelne Unternehmen freiwillig ist und keine Preisabsprachen getroffen werden.

Die Höhe des Rabattes oder der Wert einer Zugabe allein werden nicht mehr dazu führen, dass eine Aktion verboten wird.

Kommen aber zusätzliche Merkmale hinzu, wie zum Beispiel eine äußerst kurze Befristung, kann es zu Problemen kommen.
So ist denkbar, dass sich der Kunde stark unter Zeitdruck gesetzt fühlt und kauft, ohne eine Vergleichsmöglichkeit gehabt zu haben.
Diese Kombination aus Rabatthöhe und Druck führt sicherlich zur Unzulässigkeit.
Wo die Grenzen hierbei im Einzelnen liegen, wird aber noch durch die Rechtsprechung festzulegen sein.

… in gewissen Grenzen

Fest steht, dass die Grenzen des Irreführungsverbotes einzuhalten sind.

Auch Mondpreise, also durchgestrichene Preise, die nie oder nur ganz kurz gefordert worden sind, darf es nicht geben.

Bei jeder Aktion müssen selbstverständlich die allgemeinen Grenzen der lauteren Werbung eingehalten werden.

Wenn ein Räumungsverkauf wegen Umbaus angekündigt wird, muss auch umgebaut werden, auch wenn hierfür keine Baugenehmigung mehr erforderlich ist.
Es reicht nicht, wenn dann nur eine Wand angemalt wird.

Es wäre auch irreführend, wenn jemand eine „Unser-Lager-muss-leer-werden-Aktion durchführt und dann nur drei Sonderangebote anbietet.

Auch die Dauer eines Räumungsverkaufs wegen Geschäftsaufgabe ist nicht mehr geregelt, aber je länger dieser Räumungsverkauf dauert, desto eher wird er irgendwann als irreführend beurteilt werden.

Mehr Rechtssicherheit

Das neue Gesetz verschafft deutlich mehr Rechtssicherheit.

Hierzu trägt auch bei, dass in dem neuen UWG die einzelnen Fallgruppen unlauterer Werbung ausdrücklich benannt werden.

Zur Generalklausel „Unlautere Wettbewerbshandlungen sind verboten“ werden jetzt ausdrücklich Fallgruppen im Gesetz aufgeführt:
Das reicht von aggressiver Werbung, bei der Druck ausgeübt wird, über Werbung, durch die die geschäftliche Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen ausgenutzt wird, über Schleichwerbung, bis hin zu Lockvogelwerbung.

Von dieser ausdrücklichen Verbots-Formulierung verspricht man sich eine Rechtsvereinfachung und mehr Rechtsklarheit für den Werbetreibenden.

Weil die bisherige Rechtsprechung weitestgehend übernommen worden ist, können auch die Urteile aus der Vergangenheit zur Auslegung herangezogen werden.
Das meiste von dem, was bisher verboten ist, wird – mit Ausnahme der Sonderaktionen – auch weiterhin verboten bleiben.

Bei der neuen Freiheit handelt es sich also nicht um eine grenzenlose Freiheit.

Neue Sanktion „Gewinnabschöpfung“

Zusätzlich zu den bisher schon bekannten Sanktionen – Unterlassung und Beseitigung und Schadenersatz von Mitbewerbern – gibt es nun den Gewinnabschöpfungsanspruch.

Der wirtschaftliche Anreiz für unlauteres Handeln soll hierdurch für die Unternehmen wegfallen.

„Unrecht soll sich nicht lohnen“, lautet die Devise. Dadurch sollen die besonders schweren und nachhaltigen Verstöße, die Verbraucher und Unternehmer schädigen, stärker geahndet werden.
Die unlautere Maßnahme soll nicht nur für die Zukunft verboten werden, sondern das vorsätzlich wettbewerbswidrig handelnde Unternehmen soll auch finanziell getroffen werden.

Im Blickpunkt sind hier die Adressbuchschwindler oder 0190er/0900er-Abzocker und „Füllmengenunterschreiter“. Gerade bei letzteren Fällen wird der einzelne Verbraucher – wenn er es überhaupt bemerkt – keine Maßnahmen ergreifen, weil es für ihn nur ein Bagatell-Schaden ist. In der Menge summiert sich das Ganze möglicherweise aber zu beträchtlichen Gewinnen bei dem Unternehmen, weil es Material „gespart“ hat. Der vorsätzlich zu Lasten einer Vielzahl von Verbrauchern erzielte Gewinn ist an den Bundeshaushalt abzuführen, und der Wettbewerbsverband, der Verbraucherverband oder die IHK, die den Anspruch geltend machen, erhalten nur einen Aufwendungsersatz.

In der Praxis wird man zunächst Erfahrung mit diesem neuen Sanktionsinstrument sammeln müssen, weil es einen solchen Anspruch oder Vergleichbares bisher noch nicht gibt. Es wird insbesondere schwierig werden, den Gewinn zu ermitteln, der dann abgeschöpft werden soll.
Hierüber werden sich sicherlich noch viele Sachverständige und Richter den Kopf zerbrechen.

Zum Schluss ein rechtlicher Tipp

Während für die meisten Händler die Freiheit jetzt fast grenzenlos sein wird, sollten andere Folgendes unbedingt beachten:
Wer in der Vergangenheit gegen das Sonderveranstaltungsverbot verstoßen und eine Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafeversprechen gegenüber einem Mitbewerber oder einem Verein abgegeben hat, sollte diese kündigen. (Das betrifft das Vertragsstrafeversprechen wegen eines Verstoßes gegen Paragraphen 7, 8 UWG a. F.)

Auch wenn es das Sonderveranstaltungsverbot (aus Paragraphen 7, 8 UWG a. F.) wegen der ersatzlosen Streichung nicht mehr gibt, fällt das Vertragsstrafeversprechen nicht automatisch weg. Es kann aber mit dem Hinweis auf die Gesetzesänderung gekündigt werden. Diese Kündigung muss zeitnah zum Inkrafttreten – am besten innerhalb von vier Monaten – erklärt werden.
Erst danach sollten die neuen Werbemöglichkeiten genutzt werden. Vorher besteht die Gefahr, dass die Werbung als Wiederholungstat den Vertragsstrafeanspruch entstehen lässt. Selbst wenn alle anderen Konkurrenten entsprechend werben: Solange die Kündigung nicht erklärt ist, gilt der alte Grundsatz „Pacta sunt servanda. Bei gerichtlichen Urteilen oder einstweiligen Verfügungen wegen Paragraphen 7, 8 UWG a. F. ist die Situation anders.

Im Gegensatz zu der vertraglichen Vereinbarung eines Vertragsstrafeversprechens lässt die Gesetzesänderung deren Wirkung unmittelbar entfallen.

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Kommentar der IHK UWG-Reform nicht nur für Rabattschlachten nutzen

Das neue UWG hätte schon viel früher in Kraft treten können.

Inhaltlich hat sich nämlich nicht allzu viel geändert. Lediglich das Sonderaktionsverbot ist weggefallen – das ist allerdings eine gewaltige Änderung. Ansonsten wird weitestgehend die bisherige Rechtsprechung ins Gesetz übernommen.
Durch die Abschaffung des Verbots erhalten die Händler neue Freiheiten in der Werbung, die sie kreativ nutzen könnten.

Es ist aber davor zu warnen, die Freiheiten allein auf Rabattschlachten zu beschränken. Darunter würden vor allem die kleinen Unternehmen leiden und letztlich auch die Verbraucher, die vom vielfältigen Angebot guter Beratung und Vertrauen in die Preise profitieren.

Was der neue Gewinnabschöpfungsanspruch in der Praxis bringt, wie häufig er angewandt wird und wie dann der Gewinn ermittelt wird, wird die Zukunft zeigen müssen. Prognosen sind schwierig, da es dieses Sanktionsinstrument noch nirgendwo gibt. Aber es ist sicherlich wichtig, dass vorsätzlich in verbotener Weise werbende Unternehmen auch finanziell gepackt werden – sofern man sie denn erwischt.

Dass die Telefonwerbung so restriktiv wie bisher festgeschrieben wurde, ist bedauerlich. Hier wäre zumindest eine geringfügige Liberalisierung wünschenswert gewesen. Nun bleibt es bei der Regelung, dass Telefonwerbung verboten ist, wenn der Angerufene nicht vorher eingewilligt hat, dass er telefonisch beworben werden will.

Bei Unternehmen als Adressaten reicht die mutmaßliche Einwilligung aus – was auch immer darunter genau zu verstehen ist. All das ist aber keine Verschärfung gegenüber bisher.

Die Direktmarketingunternehmen sollten nun zusammen mit den Verbraucherschutzverbänden Lösungen für eine technisch und finanziell handhabbare Opt-Out-Regelung finden. Dann stünden die Chancen bei der nächsten Novelle besser, dass dann doch noch das System in eine grundsätzlich Zulässigkeit der Telefonwerbung umgewandelt wird und nur bei einer ausdrücklichen Verweigerung des Adressaten diese Art der Werbung unzulässig wird.

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