Mehrarbeitszuschlag bei Teilzeitbeschäftigung

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 16.6.2004, 5 AZR 448/03

Mehrarbeitszuschlag bei Teilzeitbeschäftigung

  1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 21. März 2003 – 5 Sa 84/02 – aufgehoben.
  2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronn – Kammern Crailsheim – vom 19. September 2002 – 2 Ca 221/02 – wird zurückgewiesen.
  3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung eines Mehrarbeitszuschlags bei Teilzeitbeschäftigung.

Der Kläger ist teilzeitbeschäftigter Auslieferungsfahrer in der Niederlassung S der Beklagten.

Zum Jahresende 2001 wies sein Arbeitszeitkonto ein Zeitguthaben von 57,35 Stunden aus, das die Beklagte durch Zahlung der vereinbarten Stundenvergütung – ohne Mehrarbeitszuschläge – ausglich.

Die Beklagte wendete auf die Arbeitsverhältnisse der in der Niederlassung S beschäftigten Arbeitnehmer den Manteltarifvertrag für den Groß- und Außenhandel Nordrhein-Westfalen vom 9. Juli 1997 (MTV) an.

Dieser enthält ua. folgende Bestimmungen:

§ 2 Arbeitszeit

  1. Die regelmäßige Wochenarbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen 38,5 Stunden. …
  2. Eine von Nr. 1 abweichende Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit ist aus betrieblichen Gründen unter Beachtung der Höchstarbeitszeit der §§ 3, 7 ArbZG bis zu 50 Stunden in der Woche zulässig, wenn innerhalb von Regelungszeiträumen von bis zu jeweils 52 Wochen die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden nicht überschritten wird.

§ 4 Mehr-, Sonn-, Feiertags-, Nacht- und Schichtarbeit

  1. Mehr-, Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit sind nach Möglichkeit zu vermeiden. …
    Mehrarbeit ist jede über 38,5 Std. in der Woche hinausgehende angeordnete oder mit dem Betriebsrat vereinbarte Arbeit.
    Bei anderweitiger Verteilung der Arbeitszeit (§ 2 Nr. 2) liegt zuschlagspflichtige Mehrarbeit vor, wenn die festgelegte Wochenarbeitszeit überschritten wird; dies gilt auch bei Abweichung von einer einmal festgelegten Planung.
    Teilzeitbeschäftigte leisten zuschlagspflichtige Mehrarbeit, wenn für Vollzeitbeschäftigte zuschlagspflichtige Mehrarbeit vorliegt und die Arbeit der Teilzeitbeschäftigten außerhalb deren regelmäßiger Arbeitszeit geleistet wird.
  2. Die nach § 4 Nr. 1 angeordnete Mehrarbeit ist mit 1/167 des Monatsgehalts bzw. Monatslohnes (Grundvergütung), zuzüglich eines Zuschlags von 25 % (Mehrarbeitszuschlag) zu vergüten.
    Bei abweichender Verteilung der Arbeitszeit (§ 2 Nr. 2) ist für die die festgelegte Wochenarbeitszeit überschreitende Arbeitszeit zusätzlich der Mehrarbeitszuschlag zu zahlen. …
    Für die Auslieferungsfahrer bestand eine Betriebsvereinbarung über ein Jahresarbeitszeitkonto vom 16. Januar 1998 (BV), die ua. folgende Bestimmungen enthielt:
    § 3 Umfang der Arbeitsleistung für Vollzeitbeschäftigte
    Bedingt durch die Besonderheiten der Fahrtätigkeit soll die regelmäßige Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden innerhalb eines Regelungszeitraums von 52 Wochen im Durchschnitt erreicht werden.
    § 4 Umfang der Arbeitsleistung für Teilzeitbeschäftigte
    Die regelmäßige Wochenarbeitszeit ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag und wird auf 2 Arbeitsschichten (Dienstag/Mittwoch bzw. Mittwoch/Donnerstag und Freitag/Samstag bzw. Samstag/Sonntag) verteilt.
    Bedingt durch die Besonderheiten der Fahrtätigkeit soll die vertraglich vereinbarte regelmäßige Wochenarbeitszeit innerhalb eines Regelungszeitraums von 52 Wochen im Durchschnitt erreicht werden.

§ 7 Zeitguthaben und Zeitschulden

Aus der Differenz zwischen Ist- und Soll-Arbeitszeit werden Zeit-Guthaben oder -Schulden auf- oder abgebaut und dem Jahresarbeitszeitkonto gutgeschrieben oder belastet. Die Differenz wird monatlich ermittelt.

  • Zeitausgleich
    Die Fuhrparkleitung soll während des Regelungszeitraums von 52 Wochen dafür Sorge tragen, daß das Jahresarbeitszeitkonto des Mitarbeiters bereits in einem Zeitraum von 26 Wochen ausgeglichen ist.
    Wenn die Erfordernisse der Abteilung einen Ausgleich nicht zulassen, wird das Zeitguthaben oder die Zeitschulden auf den Folgezeitraum von 26 Wochen fortgeschrieben.
  • Zeitguthaben
    Ein Zeitguthaben von 40 oder mehr Stunden nach 26 Wochen soll, in Absprache mit der Fuhrparkleitung und dem/der Auslieferungsfahrer/in, durch Gewährung von Freischichten ausgeglichen werden.
    Die Gewährung von Freischichten hat Vorrang vor der Bezahlung von Mehrarbeit.

§ 8 Mehr- oder Minderarbeit (Zeitguthaben oder -schulden)

Weist das Arbeitszeitkonto nach 52 Wochen Minderarbeitsstunden (Zeitschulden) gegenüber der Sollarbeitszeit auf, verfallen die Zeitschulden, es sei denn, der Mitarbeiter konnte aus krankheitsbedingten Gründen die Arbeitsleistung nicht erbringen.
… Zeitguthaben am Ende des Abrechnungszeitraums werden für Vollzeitmitarbeiter als zuschlagpflichtige Mehrarbeit ausgezahlt.
Teilzeitbeschäftigte leisten zuschlagpflichtige Mehrarbeit, wenn für Vollzeitbeschäftigte zuschlagpflichtige Mehrarbeit vorliegt.

Vor Abschluss dieser Betriebsvereinbarung hatte die Beklagte bei ihren Mitarbeitern zwecks Sicherung der Arbeitsplätze in S um den Abschluss von Teilzeitarbeitsverträgen geworben.
Dabei stellte die Beklagte als Vorteil der Teilzeitarbeit heraus, dass Prämien und Zulagen nicht gekürzt würden.

Der Kläger hat geltend gemacht, ihm stehe für das Zeitguthaben ein 25 %iger Mehrarbeitszuschlag zu. Ein Zeitguthaben am Ende des Abrechnungszeitraums sei Teilzeitbeschäftigten ebenso wie Vollzeitbeschäftigten als zuschlagpflichtige Mehrarbeit auszuzahlen.
Es sei der gemeinsame Wille der Betriebsparteien gewesen, den Zuschlag auch Teilzeitbeschäftigten zu gewähren. D

er Kläger hat beantragt die Beklagte zu verurteilen, an ihn 138,79 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2002 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Mehrarbeitszuschlag stehe Teilzeitbeschäftigten nur bei Überschreitung der Soll-Arbeitsstundenzahl der Vollzeitbeschäftigten zu. § 8 BV gebe lediglich die Regelung des § 4 MTV wieder.
Die Mitarbeiter des Fuhrparks in S sollten ebenso behandelt werden wie die in Nordrhein-Westfalen tätigen Arbeitnehmer, die dem MTV auf Grund Allgemeinverbindlichkeit unterfielen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.

Das Landesarbeitsgericht hat ihr abgesehen vom Zinsbeginn stattgegeben.

Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

Für den geltend gemachten Anspruch fehlt es an einer Grundlage.

 1. Der Kläger hat keinen tariflichen Anspruch auf Zahlung des Mehrarbeitszuschlags.

a) Der MTV findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung, obwohl sich der Betrieb nicht in seinem örtlichen Geltungsbereich 
    befindet. 
    Tarifvertragliche Regelungen, die den Inhalt von Arbeitsverhältnissen ordnen, können kraft einzelvertraglicher Bezugnahme Anwendung finden. 
    Eine Bezugnahme kann ausdrücklich, aber auch durch betriebliche Übung erfolgen (Senat 17. April 2002 – 5 AZR 89/01 – BAGE 101, 75, 77 mwN).
    Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die Beklagte den MTV in ständiger Übung auf die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer der
    Niederlassung S angewendet hat.

b) Die Auslegung des MTV ergibt, dass Teilzeitbeschäftigte Anspruch auf Mehrarbeitszuschlag nur dann haben, wenn sie die für 
    Vollzeitbeschäftigte geltende regelmäßige Arbeitszeit überschreiten. 
    Nach § 4 Nr. 1 Abs. 4 MTV leisten Teilzeitbeschäftigte zuschlagpflichtige Mehrarbeit nur dann, wenn für Vollzeitbeschäftigte zuschlagpflichtige
    Mehrarbeit vorliegt.
    Hierfür ist Voraussetzung, dass die festgelegte Wochenarbeitszeit überschritten wird (§ 4 Nr. 1 Abs. 2, 3 MTV).
    Diese beträgt normalerweise 38,5 Stunden, kann aber niedriger oder höher (bis 50 Stunden) liegen, wenn nur der Jahresdurchschnitt von
    38,5 Stunden nicht überschritten wird (§ 2 Nr. 2 MTV). Dem entspricht § 3 BV.
    Danach besteht der Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge auch für Teilzeitbeschäftigte erst dann, wenn diese in einer Woche über 38,5 Stunden
    bzw. die abweichend festgelegte Wochenarbeitszeit hinaus arbeiten.
    Eine andere Deutung gibt, wie auch der Kläger nicht verkennt, der Tarifwortlaut nicht her.
    Die weitere Voraussetzung des § 4 Nr. 1 Abs. 4 MTV für zuschlagpflichtige Mehrarbeit Teilzeitbeschäftigter verdeutlicht dies. Danach müssen  
    die Teilzeitbeschäftigten die Arbeit außerhalb von deren regelmäßiger Arbeitszeit leisten. Gemeint sein kann nur die regelmäßige Arbeitszeit  
    der Vollzeitbeschäftigten, denn wäre die Arbeitszeit der Teilzeitbeschäftigten gemeint, hätte formuliert werden müssen: außerhalb ihrer
    regelmäßigen Arbeitszeit.
    Die Anwendung des Begriffs der regelmäßigen Arbeitszeit auf Teilzeitbeschäftigte stünde außerdem in Widerspruch zu § 2 MTV, der die
    regelmäßige Wochenarbeitszeit auf 38,5 Stunden festlegt; solch eine Regelung ergäbe auch wenig Sinn, weil Mehrarbeit immer außerhalb der
    eigenen Regelarbeitszeit geleistet wird.

c) Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass der Kläger die für Vollzeitbeschäftigte geltende regelmäßige Arbeitszeit nicht überschritten hat.

2. Der Anspruch ergibt sich nicht aus § 8 BV iVm. § 4 Nr. 2 MTV.

a) Der Kläger hat keine zuschlagpflichtige Mehrarbeit im Sinne von § 8 BV geleistet.
    Schon der Wortlaut von § 8 Satz 7 BV, wonach Teilzeitbeschäftigte zuschlagpflichtige Mehrarbeit leisten, wenn für Vollzeitbeschäftigte
    zuschlagpflichtige Mehrarbeit vorliegt, spricht für die Maßgeblichkeit der auf 38,5 Stunden oder abweichend festgelegten regelmäßigen
    Wochenarbeitszeit. Die Norm ist insoweit wortgleich mit § 4 Nr. 1 Abs. 4 MTV; dessen zusätzlicher letzter Halbsatz beinhaltet keine
    eigenständige Voraussetzung, sondern nur eine Verstärkung. 
    Wenn die Betriebspartner diesen – nicht notwendigen und für Missverständnisse Anlass bietenden – Halbsatz gestrichen haben, kommt darin
    kein besonderer Regelungswille zum Ausdruck.
    Zu Recht rügt deshalb die Revision, das Landesarbeitsgericht habe seine Auslegung des § 8 Satz 7 BV als eigenständige Regelung der
    Mehrarbeit auf die unzutreffende Auffassung gestützt, der MTV enthalte eine weitere, von der BV nicht aufgegriffene Voraussetzung
    zuschlagpflichtiger Mehrarbeit. 
    Der weitere Zusammenhang der Regelungen bestätigt dieses Ergebnis.
    § 8 Satz 1 BV trifft eine Regelung zum Arbeitszeitkonto, die unabhängig von der einzelvertraglichen Arbeitszeit für jeden Arbeitnehmer gilt.
    Erst ab Satz 6 wird unterschieden. Satz 6 regelt nur für Vollzeitmitarbeiter, dass Zeitguthaben als zuschlagpflichtige Mehrarbeit auszuzahlen
    sind.
    Wollte man Satz 7 als Verweisung auf Satz 6 verstehen, ließe sich diese Differenzierung kaum erklären.
    Wesentlich näher hätte es in diesem Falle gelegen, nicht zwischen Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten zu unterscheiden, sondern Satz 6
    etwa wie folgt zu fassen: Zeitguthaben am Ende des Abrechnungszeitraums werden als zuschlagpflichtige Mehrarbeit ausgezahlt.
    Den Betriebsparteien kann nicht unterstellt werden, unnötigerweise zwischen Voll- und Teilzeitbeschäftigten zu differenzieren, um dann 
    durch eine mehrdeutige Verweisung gleichwohl identische Regelungen für beide Gruppen zu treffen.
    Die Erklärung der Beklagten, ein Vorteil der Teilzeitarbeit sei, dass Prämien und Zulagen nicht gekürzt würden, rechtfertigt keine andere
    Auslegung der BV.
    Unabhängig von dem Inhalt der Erklärung hat diese in der BV jedenfalls keinen Ausdruck gefunden.

b) Setzt danach eine zuschlagpflichtige Mehrarbeit bei Teilzeitbeschäftigten nach § 8 Satz 7 BV ebenso wie in den Fällen des § 4 Nr. 1 MTV und des
     § 8 Satz 6 BV die Überschreitung der festgelegten Wochenarbeitszeit voraus, kann dahinstehen, ob für eine eigenständige Festlegung seitens
    der Betriebspartner überhaupt die Regelungskompetenz des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bestünde.

3. Der Kläger kann den Anspruch nicht auf einen Verstoß gegen § 4 TzBfG stützen.

a) Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG ist einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung
    mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an derjenigen eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten
    Arbeitnehmers entspricht. 
    Diese Norm konkretisiert das allgemeine Benachteiligungsverbot des § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG.
    Sie setzt § 4 Nr. 2 der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit vom 6. Juni 1997 um, die in die Richtlinie 97/81/EG vom 15. Dezember 1997
    (ABl. EG Nr. L 14 vom 20. Januar 1998 S. 9) aufgenommen worden ist.
    Aus dem systematischen Zusammenhang von Satz 1 und 2 des § 4 Abs. 1 TzBfG und der Gesetzesbegründung folgt, dass § 4 Abs. 1 TzBfG ein
    einheitliches Verbot nur der sachlich nicht gerechtfertigten Benachteiligung wegen der Teilzeitarbeit enthält (Senat 5. November 2003 –
    5 AZR 8/03 – AP TzBfG § 4 Nr. 6 = EzA TzBfG § 4 Nr. 6, zu II 1 b der Gründe mwN).

b) Bezugsgröße für die Bestimmung der anteiligen Vergütung des Teilzeitbeschäftigten ist nach § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG die Arbeitszeit eines
    vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten.
    Das ist gemäß § 2 Abs. 1 TzBfG die regelmäßige Arbeitszeit. Diese bestimmt sich nach der vertraglichen Vereinbarung, den anwendbaren
    Tarifverträgen oder einer tatsächlichen Übung.
    Vom Vollzeitbeschäftigten geleistete Überstunden gehören nicht zur regelmäßigen Arbeitszeit.
    Leistet der Arbeitgeber Überstundenzuschläge nur, wenn durch die Überstunden die regelmäßige Arbeitszeit Vollzeitbeschäftigter überschritten
    wird, ist deshalb allein nach Maßgabe der Grundnorm des § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG zu prüfen, ob hierdurch Teilzeitbeschäftigte wegen der 
    Teilzeitarbeit benachteiligt werden (Senat 5. November 2003 – 5 AZR 8/03 – AP TzBfG § 4 Nr. 6 = EzA TzBfG § 4 Nr. 6, zu II 1 c der Gründe mwN).

c) Danach wird der Kläger wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer.
    Eine Ungleichbehandlung im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG liegt nur vor, wenn bei gleicher Anzahl von Stunden, die auf Grund eines
    Arbeitsverhältnisses geleistet werden, die den Vollzeitbeschäftigten gezahlte Vergütung höher ist als die den Teilzeitbeschäftigten gezahlte
    Vergütung (EuGH 15. Dezember 1994 – C-399/92 ua. – EuGHE I 1994, 5727 = AP BGB § 611 Teilzeit Nr. 7 = EzA EWG-Vertrag Art. 119 Nr. 24).
    Erhalten Teilzeitbeschäftigte für die gleiche Anzahl geleisteter Arbeitsstunden die gleiche Gesamtvergütung wie Vollzeitbeschäftigte, besteht
    keine Ungleichbehandlung (Senat 5. November 2003 – 5 AZR 8/03 – AP TzBfG § 4 Nr. 6 = EzA TzBfG § 4 Nr. 6, zu II 2 b aa der Gründe;
    BAG 20. Juni 1995 – 3 AZR 539/93 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Nährmittelindustrie Nr. 1 = EzA BeschFG 1985 § 2 Nr. 41; 20. Juni 1995 –
    3 AZR 684/93 – BAGE 80, 173; 25. Juli 1996 – 6 AZR 138/94 – BAGE 83, 327; 21. April 1999 – 5 AZR 200/98 – BAGE 91, 262).
    So liegt es beim Kläger, der ebenso wie ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer Anspruch auf Mehrarbeitszuschlag für die geleisteten
    Arbeitsstunden hat, welche die festgelegte regelmäßige Arbeitszeit überschreiten.

4. Die Regelungen des MTV und der Betriebsvereinbarung verstoßen nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

a) Der durch Art. 3 Abs. 1 GG gewährleistete Gleichheitssatz verbietet, gleiche Sachverhalte unterschiedlich zu behandeln.
    Eine Ungleichbehandlung liegt vor, wenn für die vorgenommene Differenzierung ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder
    sonst wie einleuchtender Grund nicht besteht.
    Der Gleichheitssatz wird durch eine Tarifnorm verletzt, wenn die Tarifvertragsparteien es versäumt haben, bedeutsame Gleichheiten oder
    Ungleichheiten der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die bei einer am Gerechtigkeitsgedanken ausgerichteten
    Betrachtungsweise beachtet werden müssen.
    Die Tarifvertragsparteien brauchen nicht die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen; vielmehr genügt es, wenn sich
    für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund ergibt (Senat 5. November 2003 – 5 AZR 8/03 – AP TzBfG § 4 Nr. 6 = EzA TzBfG
    § 4 Nr. 6, zu III 1 der Gründe mwN). b) Die Frage, ob für eine Ungleichbehandlung bei der Gewährung von Leistungen ein sachlicher Grund 
    besteht, ist anhand des Leistungszwecks zu beantworten.
    Maßgebend ist der Zweck, um den es den Tarifvertrags- bzw. Betriebsparteien bei der Regelung der Leistungen nach ihrem im Tarifvertrag oder
    der Betriebsvereinbarung selbst zum Ausdruck gekommenen Willen geht.
    Dieser Wille ist durch Auslegung zu ermitteln (Senat 5. November 2003 – 5 AZR 8/03 – AP TzBfG § 4 Nr. 6 = EzA TzBfG § 4 Nr. 6, zu III 1 der
    Gründe; BAG 20. Juni 1995 – 3 AZR 684/93 – BAGE 80, 173; 20. Juni 1995 – 3 AZR 539/93 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Nährmittelindustrie Nr. 1 = 
    EzA BeschFG 1985 § 2 Nr. 41; 25. Juli 1996 – 6 AZR 138/94 – BAGE 83, 327).

c) Da nach dem MTV und der BV Überstundenzuschläge erst dann anfallen, wenn die tariflich oder betrieblich festgelegte regelmäßige
    Wochenarbeitszeit überschritten wird, besteht der Zweck der Zuschläge zunächst darin, die Einhaltung dieser Wochenarbeitszeit zu
    gewährleisten.
    Gemäß § 4 Nr. 1 Abs. 1 MTV sind Mehr-, Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit nach Möglichkeit zu vermeiden.
    Die Norm stellt die Mehrarbeit in eine Reihe mit besonders belastenden Tätigkeitszeiten. Dies spricht dafür, dass der Mehrarbeitszuschlag die 
    grundsätzlich zu vermeidende besondere Arbeitsbelastung in Geld ausgleichen soll.
    Gemäß § 4 Nr. 1 Abs. 2 MTV sehen die Tarifvertragsparteien als in diesem Sinne besonders belastend die über 38,5 Stunden in der Woche
    hinausgehende Arbeit an.
    Anhaltspunkte dafür, dass andere Regelungszwecke im Vordergrund stehen, enthält der Tarifvertrag nicht. Insbesondere wird nicht durch
    Verteuerung der über die individuell geschuldete Arbeitsleistung hinausgehenden Arbeitszeiten gerade der individuelle Freizeitbereich geschützt.
    Diese vertretbare, nicht gegen den Gerechtigkeitsgedanken verstoßende Zwecksetzung rechtfertigt es, den Teilzeitbeschäftigten den Zuschlag
    erst für die Arbeitsstunden zu gewähren, die auch für Vollzeitbeschäftigte Mehrarbeit darstellen. d) Der Betriebsvereinbarung lassen sich keine
    anderen Regelungszwecke entnehmen.
    Soweit ihr § 7 den Vorrang des Freizeitausgleichs vor der Bezahlung von Mehrarbeit regelt, ist dies lediglich Ausdruck des in § 4 Nr. 1 MTV
    normierten Grundsatzes, dass Mehrarbeit möglichst zu vermeiden ist. Daher spricht auch § 7 BV dafür, dass der Zuschlag eine besondere
    Belastung ausgleichen soll.

5. Der Kläger hat gem. §§ 91, 97 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

 

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