Probleme der Baubranche mit dem Mindestlohn

Wir haben für Sie einige interessante Artikel von www.handwerk.com zusammengestellt, die sich mit den Problemen der Baubranche mit dem Mindestlohn befassen.

Darfs ein bisschen weniger sein?

Tatsache:
In der deutschen Baubranche gelten Mindestlöhne.

Problem:
Kaum jemand schert sich um die Vorgaben, bis zu 150.000 Bauarbeiter arbeiten unterhalb der Minimalgrenze. Die Zahl beruht auf einer Schätzung von Hans-Hartwig Loewenstein, dem Präsidenten des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes. Den Behörden gelinge es kaum, die Verstöße in den Griff zu bekommen, sagt Loewenstein in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau.
Dass sich der Mindestlohn praktisch selbst abschaffen werde, glaubt wiederum der Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Hans-Peter Keitel. Gegenüber der Tageszeitung Welt vertritt Keitel die Ansicht, dass die Bezahlung auf der deutschen Mindestlohn-Basis beispielsweise für polnische Fachkräfte nicht mehr atttraktiv sei: Sie bekommen in in Skandinavien oder Großbritannien mehr. In den Regionen Deutschlands mit Arbeitskräftemangel würden Arbeitgeber schon jetzt mehr als den Mindestlohn zahlen.

Sklaverei im Jahre 2007

Neuer Schlag gegen die Sklaverei auf dem Baü In Nordrhein-Westfalen haben 400 Zollfahnder in einer Großrazzia die Schattenwirtschaft ins Visier genommen – offenbar mit Erfolg.
Mitten in der Nacht „waren einige Straßen im Wuppertaler Osten fest in der Hand der Zollbehörden. Das berichtet die Westdeutsche Zeitung (WZ). Tatverdächtige seien aus dem Schlaf geklingelt worden, zeitgleich hätten die Fahnder diverse Privatwohnungen und Firmenräume gefilzt.
Gegen sieben Männer und zwei Frauen werde seit einem Jahr ermittelt. Nach WZ-Informationen stammen sie aus Griechenland, dem ehemaligen Jugoslawien und Marokko und „gelten als Strippenzieher für die organisierte illegale Vermittlung von Arbeitern.
Die Masche ist bekannt: Scheinbar haben die Verdächtigen in großem Stil osteuropäische Arbeiter als Scheinselbstständige nach Deutschland gebracht, dann aber als Hilfsarbeiter bundesweit auf Großbaustellen eingesetzt.
Ein Fahnder hat die Menschen gegenüber der WZ als „Arbeitssklaven bezeichnet.
Laut Staatsanwaltschaft seien die angeworbenen Arbeiter mehr oder weniger ahnungslos gewesen. Die Bedingungen für die Selbstständigkeit in Deutschland hätten sie zumindest nicht gekannt.

Gute Gewinne mit spontanen Pleiten 

Sobald Kontrollen anstehen, melden sie Insolvenz an: Windige Bauunternehmer beschäftigen Schwarzarbeiter häufig in Strohfirmen.

Ein aktueller Fall in Stuttgart gibt Einblick in die Wirklichkeit auf deutschen Baustellen. Das System ist bekannt, doch die Drahtzieher werden nur selten gefasst.
Jetzt befasst sich das Landgericht Stuttgart mit drei Männern im Alter zwischen 46 und 50 Jahren, die nach genau dieser Masche vorgegangen sein sollen.

Die Anklage:
Verdacht der Bildung einer kriminellen Vereinigung, des Betruges und des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt.
Zwischen 2000 und 2006 sollen sie – gemeinsam mit 16 weiteren Personen – über ein Firmengeflecht massiv Schwarzarbeiter eingesetzt und Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von mehr als drei Millionen Euro hinterzogen haben.
Ein 48-jähriger Italiener ist nach Ansicht der Stuttgarter Staatsanwaltschaft Rädelsführer der kriminellen Vereinigung.
Auf Großbaustellen im Raum Stuttgart sollen die Männer Aufträge in großem Umfang mit Schwarzarbeiterkolonnen ausgeführt haben.
Das Thema Lohnnebenkosten scheint für das Triumvirat kein Problem gewesen zu sein: Die Arbeiter seien bar aus „schwarzen Kassen bezahlt worden.
Als angeblicher Subunternehmer habe einer der Angeschuldigten für die in Schwarzarbeit erbrachten Leistungen fingierte Rechnungen ausgestellt. Tatsächlich seien die Rechnungen über die Baufirmen seiner Kompagnons in vollem Umfang bezahlt worden.
Nach Angaben der Stuttgarter Staatsanwaltschaft haben die anderen Angeschuldigten die Beträge anschließend wieder von den Geschäftskonten abgehoben – teils zur Bezahlung der Schwarzarbeiter, teils für den eigenen Profit.
Was den Behörden auffiel: Die Strohfirmen hatten weniger Mitarbeiter als bei ihrer Auftragslage nötig gewesen wäre.
Sobald Kontrollen oder Prüfungen anstanden, hätten die Männer Insolvenz angemeldet. Die nur formal bestellten Geschäftsführer tauchten dann unter und wurden sofort ersetzt.
Die Angeschuldigten – keiner von ihnen ist vorbestraft – befinden sich in verschiedenen Justizvollzugsanstalten in Untersuchungshaft.
Der Termin der Hauptverhandlung vor dem Stuttgarter Landgericht steht noch nicht fest.

Die Marktgesetze der Illegalität

Dass die Dumping-Preise der Schattenwirtschaft eine Belastung für die Betriebe sind, ist keine Neuigkeit. Doch wie extrem verbreitet die Schwarzarbeit ist, hat jetzt eine Stichprobe der Arbeitsagenturen ergeben.
Es ist ein Trick, den Arbeitsagenturen immer mal wieder einsetzen: Wenn die Vermutung naheliegt, dass die Schwarzarbeit wegen des schönen Wetters blüht, werden Erwerbslose bestimmter Branchen zu Vollzeitmaßnahmen eingeladen, etwa zum Bewerbertraining.
Der Grund: Die Arbeitslosen, die für solche Schulungsangebote schlicht keine Zeit haben, verzichten häufig auf weitere Geldleistungen – und verabschieden sich damit freiwillig aus der Arbeitslosenstatistik.

In Sachsen-Anhalt und Thüringen ist jetzt erstmals statistisch erfasst worden, wie hoch diese Quote ist. Das überraschende Ergebnis: Beinahe jeder zweite der 300 Bauarbeiter, Gebäudereiniger, Kellner und Taxifahrer, die unter die Lupe genommen wurden, hat sich nach einer Einladung bei der Arbeitsagentur abgemeldet.

„Erwerbslose dürfen ja bestimmte Nebeneinkünfte haben. Wenn aber 46 Prozent vollständig und freiwillig auf Leistungen verzichten, liegt die Vermutung nahe, dass andere Einnahmequellen vorhanden sind", sagt Bianka Kleschtschow, Pressesprecherin der Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen.

Welche Rückschlüsse lassen diese Zahlen zu?
Einerseits wäre es positiv, wenn die Arbeitsagenturen den „Missbrauch der Sozialleistungen beschneiden würden", schreibt der Journalist Christian Geinitz in einem Kommentar in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Andererseits „verschöbe dies lediglich die Kriminalität von der Arbeitsverwaltung zurück in den Arbeitsmarkt. Ein Schwarzarbeiter ohne Arbeitslosengeld I oder II bleibe nun einmal ein Schwarzarbeiter. Außerdem würden auch in der Illegalität die Marktgesetze gelten", meint Geinitz: „Die Schwarzarbeiter machen nichts anderes, als eine Tätigkeit anzubieten, deren Preis zu legalen Konditionen offenbar zu hoch ist. Die Löhne, Steuern, Abgaben, die Bürokratie und die Regulierungsdichte in Deutschland hätten ein „untragbares" Niveau angenommen. Daher könne die Senkung der Arbeitskosten der Schwarzarbeit den Boden entziehen.

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