Nach einer soeben bekannt gewordenen Entscheidung des LSG Nordrhein-Westfalen vom 30. August 2006 (L 12 AL 168/05) sollen Personaldienstleister keine Kurzarbeitergeldansprüche nach §§ 169 Sozialgesetzbuch III geltend machen können, wenn der Kundenbetrieb mittelbar infolge eines Streiks die Leiharbeitnehmer nicht beschäftigen konnte.
Ein Personaldienstleister hatte mehrere Mitarbeiter einem Kunden überlassen, der für ein Drittunternehmen die gesamte Disposition sowie Teilelieferung für die Endmontage übernommen hatte und hier die Leiharbeitnehmer einsetzen wollte.
Wegen streikbedingter Blockademaßnahmen in diesem Drittunternehmen konnte der Kunde im Juni 2003 für die Dauer von drei Wochen seine Logistikleistungen nicht erbringen und die Mitarbeiter des Personaldienstleisters nicht einsetzen.
Während die Mitarbeiter des Kunden, die von demselben streikbedingten Arbeitsausfall betroffen waren, Kurzarbeitergeld erhielten, wurde der entsprechende Antrag des Personaldienstleisters abgelehnt.
Nach Auffassung des LSG Nordrhein-Westfalen fehlte es für die Mitarbeiter des Personaldienstleisters schon an einem erheblichen Arbeitsausfall mit Entgeltausfall, der gemäß § 169 SGB III Grundvoraussetzung für einen Kurzarbeitergeldanspruch ist.
Zwar hatte der Personaldienstleister mit seinen Mitarbeitern eine Vereinbarung getroffen, dass sie für den Zeitraum des Arbeitsausfalls kein Entgelt erhalten; diese Vereinbarung erachtete das LSG Nordrhein-Westfalen wegen eines Verstoßes gegen § 11 Abs. 4 Satz 2 AÜG aber für rechtsunwirksam.
Der Präsident der Europäischen Akademie für Wirtschaft und Personaldienstleistungen (EAWP) Prof Dr. Burkhard Boemke, der zugleich Geschäftsführender Direktor des Instituts für Arbeits- und Sozialrecht der Juristenfakultät der Universität Leipzig ist, sieht in dieser Entscheidung eine mit dem grundgesetzlichen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 nur schwer zu vereinbarende Diskriminierung der Personaldienstleister ggü. sonstigen Unternehmen.
„Theoretisch besteht in dieser Situation zwar ein Anspruch gegen den Kunden auf Zahlung der Überlassungsvergütung, dieser wird sich aber ohne Gefahr für die Geschäftsbeziehung und damit die Arbeitsplätze im Regelfalle nicht realisieren lassen", so Präsident Boemke.
Nach seiner Einschätzung gibt es auf Grundlage der LSG-Entscheidung zwei Alternativen für die Praxis der Personaldienstleistung. Erstens können solche meist nur kurzzeitigen Beschäftigungsprobleme über flexible Arbeitszeitkonten aufgefangen werden. Sind die diesbezüglichen Möglichkeiten ausgereizt oder sollen diese nicht in Anspruch genommen werden, bedarf es einer Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer, mit der nicht der Anspruch auf den Annahmeverzugslohn aus § 615 BGB abbedungen wird, sondern die Hauptleistungspflichten vorübergehend aufgehoben werden.