Tipps für rechtswirksame Abmahnungen

Qualifiziertes Personal ist mittlerweile heiß umworben.

Dennoch kommt es im Einzelfall immer wieder vor, dass man, beispielsweise aufgrund wiederholter Pflichtverletzungen, auf einen Mitarbeiter gern verzichtet.

Verhaltensbedingte Kündigungen haben jedoch ihre Tücken, speziell wenn man nicht richtig abmahnt. Die Mitarbeiter sind stets motiviert, erbringen immer ihre Leistung und kommen ihre Pflichten nach – das ist die Wunschvorstellung aller Chefs.

Wie so manche Führungskraft jedoch immer wieder schmerzlich erfahren muss, entspricht nicht jeder Mitarbeiter diesem Wunschbild.
In manchen Fällen wird der Mitarbeiter erst gerügt, beim nächsten Fehlverhalten offiziell ermahnt, und manchmal, wenn’s nicht anders geht, gekündigt. Man wähnt sich des Problems entledigt.
Doch vor Gericht folgt dann nicht selten ein bitteres Erwachen: Die Kündigung wird von den Richtern als unwirksam zurückgewiesen. Den Schaden trägt der Arbeitgeber, und das Desaster ist perfekt.
Die Gründe für solche Pannen bei verhaltensbedingten Kündigungen finden sich zumeist in Fehlern und Versäumnissen des Arbeitgebers, speziell der Führungskräfte, wie beispielsweise fehlerhaften und von daher unwirksamen Abmahnungen.
In manchen Fällen wird die Abmahnung sogar ganz vergessen.

Wie das Bundesarbeitsgerichtes (BAG) jedoch festgestellt hat, ist eine Kündigung wegen eines pflichtwidrigen Verhaltens ohne vorausgegangene Abmahnung sozialwidrig, und dementsprechend unwirksam.

So hat dem BAG zufolge die Abmahnung vor allem drei Funktionen zu erfüllen:

  1. Eine Dokumentationsfunktion,
    das heißt… sie muss wie jede arbeitsrechtliche Erklärung deutlich formuliert sein und den betroffene Arbeitnehmer in die Lage versetzen, klar erkennen zu können, ihn der Arbeitgeber eines Pflichtverstoßes rügt.
    Dabei kann sie sowohl in mündlicher oder schriftlicher Form erklärt werden.
     
  2. Eine Hinweisfunktion,
    das heißt… sie dient dazu, einen Arbeitnehmer darauf hinzuweisen, dass sein Arbeitgeber mit einem bestimmten Verhalten nicht einverstanden ist oder dieses nicht als vertragsgemäß erachtet.
    Von daher ist es wichtig, den der Abmahnung gegenständlichen Sachverhalt klar darzulegen, damit der Arbeitgeber auch die Möglichkeit erhält, sich zumindest zukünftig vertragsgetreu zu verhalten.
     
  3. Eine Warnfunktion,
    das heißt… sie soll den Arbeitnehmer warnen und ihm verdeutlichen, dass er bei weiteren Verstößen gegen seine Pflichten mit einer Kündigung rechnen muss.
    Der Sinn und Zweck der Abmahnung ist daher nicht die Vorbereitung einer Kündigung, sondern vielmehr sicherzustellen, dass der Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglich geschuldeten Pflichten erfüllt, und damit weiteren Störungen des Arbeitsverhältnisses vorzubeugen.

Abmahnfähige Verhaltensweisen

Da die Abmahnung eines Mitarbeiters durch den Arbeitgeber darauf abzielt, auf Pflichtverletzungen durch Arbeitnehmer aufmerksam zu machen und diese klar erkennbar zu beanstanden, ist grundsätzlich jeder schuldhafte Pflichtverstoß abmahnfähig – und zwar unabhängig vom Grad oder der Schwere der Pflichtverletzung.

Als abmahnfähig gelten unter anderem folgende Pflichtverstöße:

  • (wiederholt) verspätete Arbeitsaufnahme
  • (wiederholtes) Überziehen von Pausen
  • (wiederholtes) fehlerhaftes Arbeiten
  • Arbeitsbummelei
  • Nichtbefolgung von Arbeitsanweisungen
  • unerlaubte private Telefonate am Arbeitsplatz
  • (wiederholtes) zu frühes Nachhausegehen von der Arbeit
  • Nicht rechtzeitiges Krankmelden (vor Dienstantritt)
  • Verspätete Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
  • Verstöße gegen Rauch- oder Alkoholverbote
  • (wiederholte) Störung des Betriebsfriedens
  • unerlaubtes privates Surfen im Internet
  • Pflichtverletzungen, die den Glauben an die Gutmütigkeit, Loyalität und Redlichkeit des Arbeitnehmers stören

Im Allgemeinen nicht als abmahnfähig gelten Pflichtverstöße, die nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Lappalie zu werten sind, wie beispielsweise

  • einmaliges Überziehen der Mittags- oder Rauchpause
  • vermeintlich auffällige oder legere Kleidung an Arbeitsplätzen ohne Publikumsverkehr
  • ein privater Anruf aus der Familie aufgrund von einem Notfall

Generell keiner Abmahnung bedürfen hingegen Pflichtverletzungen, die das Vertrauensverhältnis so nachhaltig stören, dass ein Glauben an die Gutmütigkeit, Loyalität und Redlichkeit des Arbeitnehmers nicht mehr möglich ist wie bspw.

  • Diebstahl
  • Betrug
  • Korruption
  • Tätlichkeiten
  • Manipulation von Stempelkarten
  • Vorgetäuschte Krankheiten / Arbeitsunfähigkeit
  • Gültigkeitsdauer von Abmahnungen

Obschon die Rechtsprechung keine zeitliche Begrenzung zur Gültigkeit und Wirkung einer Abmahnung festgelegt hat, gilt festzuhalten, dass sich sich ihre „Warnfunktion im Laufe der Zeit verbraucht", das heißt:

Je mehr Zeit zwischen dem abgemahnten Verhalten und einem neuerlichen Pflichtverstoß vergeht, umso weniger kann die erste Abmahnung als Anlass für eine Kündigung herangezogen werden.
Unabhängig davon ist eine Abmahnung maximal nach zwei Jahren aus der Personalakte des Arbeitnehmers zu entfernen.

Rechte eines abgemahnten Arbeitnehmers

Soll ein Arbeitnehmer abgemahnt werden, hat er das Recht, im Vorfeld zum Sachverhalt angehört zu werden und zu diesem Stellung zu nehmen.
Wird die Abmahnung ohne vorherige Anhörung des Betroffenen ausgesprochen, ist diese formell unwirksam.
Darüber hinaus hat der Abgemahnte das Recht, vom Arbeitgeber die Aufnahme seiner Gegendarstellung in die Personalakte zu verlangen. Unberechtigt ausgesprochene Abmahnungen sind unverzüglich aus der Personalakte zu entfernen, berechtigte Abmahnungen spätestens zwei Jahre, nach dem sie ausgesprochen wurden.

Tipp: Worauf Arbeitgeber bzw. Führungskräfte achten sollten

  1. Formulierung und Ausgestaltung der Abmahnung
    – Mahnen Sie Pflichtverletzungen grundsätzlich einzeln ab und vermeiden Sie Sammelabmahnungen.
    – Verfassen Sie die Abmahnung im schriftlich und kennzeichnen sie diese auch klar als solche. 
    – Beschreiben Sie den Sachverhalt korrekt und ausführlich (inklusive Datums-, Zeit- und Ortsangaben)
    – Heben Sie klar hervor, worin sich Pflichtverletzung begründet. 
    – Weisen den Mitarbeiter (schriftlich) darauf hin, dass eine Wiederholung der Pflichtverletzung, die Kündigung zur Folge hat/ haben kann.
     
  2. Zum Prozedere
    – Hören Sie den abzumahnenden Mitarbeiter, und zwar bevor Sie eine Abmahnung aussprechen, immer vorher an und geben Sie ihm die
      Möglichkeit, zum Sachverhalt persönlich Stellung zu nehmen – am besten immer im Beisein einer weiteren Führungskraft.
    – Übergeben Sie die Abmahnung immer schriftlich, persönlich und im Beisein eines Zeugen.
    – Lassen Sie sich den Erhalt der Abmahnung vom Betroffenen immer schriftlich bestätigen. 
    – Erstellen Sie immer mindest eine Durchschrift der Abmahnung und legen Sie diese in der Personalakte ab. 
    – Sollte sich eine Abmahnung als ungerechtfertigt herausstellen, entfernen Sie diese umgehend aus der Personalakte.
     
  3.  Allgemeine Hinweise
    – Achten Sie immer darauf, dass die Abmahnung von einer abmahnungsberechtigten Person ausgesprochen und übergeben wird. 
    – Überprüfen Sie jede Abmahnung genau auf Ihre Berechtigung, die korrekte Darstellung des Sachverhalts und missverständlicher
      Äußerungen oder Hinweise.
    – Mahnen Sie nicht wegen geringfügiger Pflichtverletzungen und auch nicht zu häufig ab.
      In beiden Fällen schwächen Sie die Warnfunktion Ihrer Abmahnung – mit der Gefahr, dass diese ebenso wie Sie selbst irgendwann nicht
      mehr ernst genommen werden.
     

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