Überstundenzuschläge bei Teilzeitbeschäftigten

1. Einleitung

Leistet ein Teilzeitarbeitnehmer Überstunden, hat er hierfür mangels anderweitiger Regelungen Anspruch auf die übliche Vergütung.

Dies steht außer Diskussion, der Arbeitnehmer muss nicht umsonst tätig werden.

Unterschiedlich beurteilt wird jedoch die Frage, ob Teilzeitarbeitnehmer für diese Überstunden die Zahlung von Zuschlägen in derselben Höhe verlangen können, wie sie für Überstunden gewährt werden, die Vollzeitbeschäftigte über die Regelarbeitszeit hinaus leisten.

Hintergrund ist § 4 Abs. 1 TzBfG, wonach Teilzeitbeschäftigte nicht ohne sachlichen Grund schlechter behandelt werden dürfen als vergleichbare vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer.

Dem Argument der Teilzeitbeschäftigten, eine Gleichbehandlung sei nur dann gewährleistet, wenn bei jeder Überschreitung der individuell vereinbarten Arbeitszeit – unabhängig davon, ob Vollzeit oder Teilzeit vereinbart sei – Überstundenzuschläge gezahlt werden, ist das BAG (16.6.2004, 5 AZR 488/03) entgegengetreten.

 

2. Überstundenzuschläge nur bei Überschreiten der für Vollzeitarbeitnehmer maßgeblichen Arbeitszeit

Ausgangspunkt der Entscheidung des BAG war Folgender:
Ein Teilzeitarbeitnehmer hatte Überstunden geleistet, aber noch nicht die für Vollzeitarbeitnehmer maßgebliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden pro Woche überschritten.

Auf das Arbeitsverhältnis fand ein Tarifvertrag Anwendung, nach dem ein Überstundenzuschlag von 25% nur für diejenigen Stunden zu zahlen war, die über 38,5 Stunden hinaus geleistet wurden.

Das BAG hat diese Tarifnorm für wirksam befunden und einen Verstoß gegen § 4 Abs. 1 TzBfG verneint.
Es liege schon keine Ungleichbehandlung vor.

In Anlehnung an den EuGH (15.12.1994, Rechtssache C 399/92, PA Nr. 7 zu § 611 BGB Teilzeit) führt das Gericht au:
Danach [nach der Tarifnorm] wird der Kläger wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer.
Eine Ungleichbehandlung im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG liegt nur vor, wenn bei gleicher Anzahl von Stunden, die auf Grund eines Arbeitsverhältnisses geleistet werden, die den Vollzeitbeschäftigten gezahlte Vergütung höher ist als die den Teilzeitbeschäftigten gezahlte Vergütung.
Erhalten Teilzeitbeschäftigte für die gleiche Anzahl geleisteter Arbeitsstunden die gleiche Gesamtvergütung wie Vollzeitbeschäftigte, besteht keine Ungleichbehandlung.
Auch ein Verstoß der Tarifvertragsparteien, die die betreffende Überstundenregelung geschaffen haben, gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG liegt nach Ansicht des BAG nicht vor.
Vorrangiger Zweck der Überstundenzuschläge sei es, die Einhaltung der Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden zu gewährleisten. Dies stelle jedenfalls einen sachlichen Grund für die Differenzierung zwischen Teilzeit- und Vollzeitarbeitnehmern dar.

Das BAG knüpft also für einen Anspruch auf Überstundenzuschläge nicht an die Zahl der geleisteten Überstunden an, sondern an die Zahl geleisteter Arbeitsstunden insgesamt.
So erhält ein Teilzeitbeschäftigter, dessen vertragliche Arbeitszeit 20 Stunden beträgt, wenn er eine 21. Stunde arbeitet, die gleiche Gesamtvergütung wie ein Vollzeitbeschäftigter für 21 Arbeitsstunden.
Der Teilzeitbeschäftigte erhält auch die gleiche Gesamtvergütung wie der Vollzeitbeschäftigte, wenn er die Schwelle der tarifvertraglich oder einzelvertraglich festgelegten Regelarbeitszeit überschreitet, da er dann ebenfalls Überstundenzuschläge erhält.

Haben beispielsweise ein Teilzeitbeschäftigter (20 Wochenstunden) und ein Vollzeitbeschäftigter (40 Wochenstunden) in einer Woche bei einem Überstundenzuschlag von 25 % je 45 Stunden gearbeitet, erhalten beide eine Gesamtvergütung von 925 € für diese Woche, lediglich die Berechnung unterscheidet sich:

Vollzeitarbeitnehmer Teilzeitarbeitnehmer Stundenvergütung

  • 800 € (40 Stunden x 20 €)
  • 400 € (20 Stunden x 20 €)

Vergütung für die geleisteten Überstunden

  • 100 € (5 Stunden x 20 €)
  • 500 € (25 Stunden x 20 €)

Überstundenzuschlag

  • 25 € (5 Stunden x 5 € Zuschlag)
  • 25 € (5 Stunden über der Vollzeitarbeit x 5 € Zuschlag)

Die gegenteilige Betrachtungsweise (Abstellen auf die Anzahl geleisteter Überstunden) mag zwar für Teilzeitarbeitnehmer attraktiver sein, führt aber im Ergebnis zu einer Benachteiligung Vollzeitbeschäftigter: Arbeiten sowohl der Teilzeit- als auch der Vollzeitarbeitnehmer je 40 Stunden pro Woche, erhält der Vollzeitbeschäftigte dafür 400 € (Überstunden fallen hier nicht an),

der Teilzeitbeschäftigte hingegen 500 € (400 € für die geleisteten Stunden zuzüglich 100 € Zuschlag für die 20 Überstunden).

3. Gleiche Höhe der Zuschläge für Voll- und Teilzeitbeschäftigte

Hat ein Teilzeitbeschäftigter jedoch die Arbeitszeit eines Vollzeitarbeitnehmers überschritten und damit zuschlagspflichtige Überstunden geleistet, müssen ihm die Zuschläge in gleicher Höhe gewährt werden wie dem Vollzeitbeschäftigten. Insoweit ist der Arbeitgeber uneingeschränkt zur Gleichbehandlung verpflichtet.
Dies folgt unmittelbar aus dem Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 1 TzBfG und kann wegen des zwingenden Charakters dieser Vorschrift auch nicht anderweitig vertraglich geregelt werden.

4. Rechtsfolgen einer Ungleichbehandlung

Der Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 1 TzBfG führt zur Nichtigkeit der diskriminierenden Maßnahme, d.h. zur Unwirksamkeit der Berechnung von Überstundenzuschlägen für Teilzeitbeschäftigte.

Gleichzeitig haben die Teilzeitbeschäftigten einen Anspruch auf Gleichbehandlung mit den Vollzeitarbeitnehmern.

Da der Arbeitgeber den Überstundenzuschlag nicht nachträglich herabsetzen darf – das würde eine nachträgliche Vergütungskürzung bei den Vollzeitbeschäftigten bedeuten – muss er den Teilzeitbeschäftigten für die Vergangenheit den Differenzbetrag zahlen und in der Zukunft für Gleichbehandlung sorgen.

5. Fazit

Die vom BAG anerkannte Gestaltungsmöglichkeit, dass Überstundenzuschläge erst ab einer Überschreitung der regelmäßigen Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten zu zahlen sind, sollte in Teilzeitarbeitsverträgen genutzt werden.

Die Höhe der Zuschläge muss für Teil- und Vollzeitbeschäftigte gleich sein. Sofern keine entsprechenden tariflichen Regelungen bestehen, auf die verwiesen werden kann, empfiehlt sich folgende Formulierung:

Überstunden sind alle über [Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten] Std. in der Woche hinausgehenden angeordneten oder mit dem Betriebsrat vereinbarten Arbeitsstunden.

Teilzeitbeschäftigte leisten zuschlagspflichtige Überstunden, wenn für Vollzeitbeschäftigte zuschlagspflichtige Überstunden vorliegen und die Arbeit der Teilzeitbeschäftigten außerhalb deren regelmäßiger Arbeitszeit geleistet wird.

Der Überstundenzuschlag beträgt für alle Beschäftigten 25% der Grundvergütung.

Schreibe einen Kommentar